De fideiussoribus et nominatoribus et heredibus tutorum et curatorum
(Von den Bürgen, den Nominatoren1, und den Erben der Vormünder und Curatoren.)
1Nominatores heissen theils diejenigen, welche sich dadurch, dass sie einen tüchtigeren (potiorem) in Vorschlag bringen, von der Uebernahme der Vormundschaft befreien (v. Glück a. a. O. S. 142. ff.), theils und ins Besondere in diesem Titel diejenigen, welche von Amts wegen dem höheren Magistratus tüchtige Personen zu Vormündern in Vorschlag bringen mussten, und für diesen Vorschlag verantwortlich waren. S. v. Glück a. a. O. S. 403. In Ermangelung eines gebräuchlichen deutschen Substantivs ist das lateinische beibehalten, das Zeitwort nominare aber durch: in Vorschlag bringen, übersetzt worden.
1Pompon. lib. XVII. ad Sabin. Obwohl der Erbe eines Vormunds nicht Vormund ist, so müssen doch die [Geschäfte], welche von dem Verstorbenen angefangen worden sind, durch den Erben, wenn er in dem gesetzmässigen Alter und männlichen Geschlechts ist, vollendet werden; und bei denselben kann er sich auch eine böse Absicht zu Schulden kommen lassen. 1Was sich beim Vormund befunden hat, muss auch der Erbe desselben zurückgeben; wenn der Erbe Etwas, das jener bei dem Mündel gelassen haben wird, wegnimmt, so ist er zwar nicht von Verbrechen frei, aber es liegt das ausserhalb der Vormundschaft, und er wird durch eine analoge Klage genöthigt, dies zurückzugeben.
2Ulp. lib. XXXIX. ad Sabin. Auch der scheint einen Vormund zu begehren22Postulare; diejenigen nämlich, welche für einen Mündel einen bestimmten Vormund erbaten, waren für denselben verantwortlich. S. v. Glück a. a. O. S. 404. f., welcher ihn durch einen Anderen begehrt; ingleichen scheint auch der [einen Vormund] in Vorschlag zu bringen, welcher eben dies durch einen Anderen thut.
3Idem lib. XXXV. ad Sabin. Es ist bekannt, dass auch der Bürge und die Erben des Bürgen zu demselben Zinsenbetrag anzuhalten seien, zu welchem auch der Vormund angehalten wird.
4Idem lib. XXXVI. ad Ed. Da wir gezeigt haben, dass auch der Erbe [des Vormunds] mit der Vormundschaftsklage belangt werden könne, so ist zu untersuchen, ob auch die eigene böse Absicht, oder die eigene Verwaltung desselben in den Bereich der Klage komme. Und es ist die Meinung des Servius vorhanden, welcher glaubte, dass, wenn nach dem Tode des Vormunds der Erbe desselben fortgefahren habe, die Geschäfte des Mündels zu führen, oder in der Casse des Vormunds Geld des Mündels gefunden, und es verbraucht habe, oder das Geld, welches der Vormund [für den Mündel] stipulirt hatte, eingeklagt habe, derselbe auf die Vormundschaftsklage in eigenem Namen gehalten sei; denn da es erlaubt wird, gegen den Erben wegen seiner eigenen bösen Absicht den Würderungseid zu schwören, so erhellt, dass derselbe auf die Vormundschaftsklage wegen seiner eigenen bösen Absicht gehalten sei. 1Eine eigene Nachlässigkeit wird freilich dem Erben nicht zugerechnet werden. 2Der Erbe des Vormunds muss auch Zinsen von dem Mündelgeld, welches er unter den Händen gehabt hat, leisten; wie hohe Zinsen aber, und für welche Zeit er sie leisten solle, muss vom Richter dem gemäss, was gut und billig ist, bestimmt werden. 3Es ist billig, dass die von den Vormündern genannten Bürgen, wenn sie gegenwärtig gewesen sind, nicht widersprochen und geduldet haben, dass ihre Namen in die öffentlichen Acten eingetragen wurden, ebenso gehalten seien, als wenn eine Stipulation nach der gesetzlichen Bestimmung Statt gefunden hätte. Dasselbe Verhältniss findet bei den Affirmatoren33Affirmatores heissen diejenigen, welche dem Magistrat, welcher über die Tüchtigkeit eines Vormunds Untersuchung anstellte, versichert haben, dass derselbe tüchtig sei. S. v. Glück a. a. O. S. 402. ff. Statt, welche nämlich, da sie versichert haben, dass die Vormünder tüchtig seien, die Stelle von Bürgen vertreten.
5Paul. lib. XXXVIII. ad Ed. Wenn gegen die Bürgen des Vormunds aus der Stipulation: dass das Vermögen des Mündels ungeschmälert sein werde, geklagt werden wird, so werden sie dieselben Abrechnungen haben, welche der Vormund hat.
6Papinian. lib. II. Resp. Ein Mündel hat gegen [seine] Vormünder und deren Bürgen einen Richter erhalten; nachdem der Richter gestorben ist, bevor man noch zu demselben gegangen war, ist ein anderer Richter gegen die Bürgen allein gegeben worden; es wird der Pflicht desselben, wenn er erkennt, entsprechen, dass er, wenn die Vormünder zahlungsfähig sein sollten, und die Verwaltung nicht ungleich, sondern gemeinschaftlich gewesen ist, das Verhältniss von Kopftheilen aus der Person der Vormünder44D. h. weil die Bürgen ex persona tutorum haften, so muss der Richter sie eben so verurtheilen, wie er die Vormünder selbst verurtheilt haben würde; dies würde nun bei ungetheilter Verwaltung pro virilibus portionibus geschehen sein. S. L. 1. §. 10. 11. D. de tut. et rat. distr. 27. 3. u. v. Glück a. a. O. S. 379. ff. zu lassen.
7Idem lib. III. Resp. Wenn die Bürgen, welche Sicherheit gegeben hatten: dass das Vermögen des Mündels ungeschmälert sein werde, gebeten hatten, dass der mündig gewordene Mündel vorher den Vormund belangen sollte, und [wenn] sie darum dem [Pflegbefohlenen,] der es sich stipulirte, versprochen haben, dass sie das, was von dem [Vormund] nicht hätte erhalten werden können, geben würden, so hat man angenommen, dass die Klage auf das Rückständige unter denen, welche zahlungsfähig wären, getheilt werde, weil die Last der Bürgen übernommen zu sein scheine55Nämlich von dem Mündel, welcher nach Cujacius die Last der Bürgen für einander zu haften, nach Pothier die Last derselben, den Vormund auszuklagen, was sie eigentlich hätten thun müssen, nachdem sie für ihn Zahlung geleistet hätten. S. v. Glück a. a. O. S. 382. ff.. Denn auch wenn auf den Auftrag Mehrerer Geld dargeliehen werden sollte, so wird die Klage auf gleiche Weise getheilt; denn wenn das, was für einen Anderen gegeben worden ist, bezahlt wird, warum soll die Art der Klage die Billigkeit ausschliessen?
8Paul. lib. IX. Resp. [Ich habe das Gutachten ertheilt,] dass die Erben desjenigen, welcher, da er nicht dem Rechte gemäss zum Vormund oder Curator bestellt worden ist, sich nicht in die Verwaltung gemischt hat, nicht für böse Absicht und Verschulden stehen müsse. 1Paulus hat das Gutachten ertheilt, dass die Klage so gegen den Erben des Vormundes übertragen werden müsse, wie sie der Verstorbene aufgenommen hat. Dies bezieht sich darauf, dass der Erbe nicht entschuldigt wird, wenn er sagen sollte, er habe keine die Vormundschaft betreffenden Urkunden gefunden; denn da der Erbe bei allen Klagen guten Glaubens wegen der bösen Absicht des Verstorbenen gehalten ist, so glaube ich, dass dasselbe auch bei der Vormundschaftsklage zu beobachten sei. Aber man ist durch die Constitutionen der Unwissenheit der Erben zu Hülfe gekommen. Dies ist jedoch [nur] zu beobachten, wenn der Erbe nach dem Tode des Vormundes belangt wird, nicht wenn der Vormund nach eingeleitetem Streit gestorben ist; denn durch die Einleitung des Streits werden sowohl Strafklagen, [auf die Erben] von beiden Theilen übertragen, als auch zeitliche [Klagen] in immerwährende verwandelt.