Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 25 übersetzt von Schneider unter Redaction von Otto
Dig. XXV7,
De concubinis
Liber vicesimus quintus
VII.

De concubinis

(Von den Concubinen.)

1Ul­pia­nus li­bro se­cun­do ad le­gem Iu­liam et Pa­piam. Quae in con­cu­bi­na­tu est, ab in­vi­to pa­tro­no pot­erit dis­ce­de­re et al­te­ri se aut in ma­tri­mo­nium aut in con­cu­bi­na­tum da­re? ego qui­dem pro­bo in con­cu­bi­na ad­imen­dum ei co­nu­bium, si pa­tro­num in­vi­tum de­se­rat, quip­pe cum ho­nes­tius sit pa­tro­no li­ber­tam con­cu­bi­nam quam ma­trem fa­mi­lias ha­be­re. 1Cum Ati­li­ci­no sen­tio et pu­to so­las eas in con­cu­bi­na­tu ha­be­re pos­se si­ne me­tu cri­mi­nis, in quas stu­prum non com­mit­ti­tur. 2Qui au­tem dam­na­tam ad­ul­te­rii in con­cu­bi­na­tu ha­buit, non pu­to le­ge Iu­lia de ad­ul­te­riis te­ne­ri, quam­vis, si uxo­rem eam du­xis­set, te­ne­re­tur. 3Si qua in pa­tro­ni fuit con­cu­bi­na­tu, de­in­de fi­lii es­se coe­pit vel in ne­po­tis, vel con­tra, non pu­to eam rec­te fa­ce­re, quia pro­pe ne­fa­ria est hu­ius­mo­di con­iunc­tio, et id­eo hu­ius­mo­di fa­ci­nus pro­hi­ben­dum est. 4Cu­ius­cum­que ae­ta­tis con­cu­bi­nam ha­be­re pos­se pa­lam est, ni­si mi­nor an­nis duo­de­cim sit.

1Ulp. lib. II. ad leg. Jul. et Pap. Eine Frauensperson, welche sich im Concubinat ihres Patrons befindet, kann sich von demselben wider seinen Willen trennen, und sich in die Ehe oder den Concubinat mit einem Anderen begeben. Ich billige es, in Betreff der Concubine, dass ihr das Recht zur Ehe zu nehmen sei, wenn sie ihren Patron wider seinen Willen verlassen sollte, weil es ja für den Patron anständiger ist, seine Freigelassene zur Concubine, als zur Hausfrau zu haben11Der erste Satz dieser Stelle widerspricht dem zweiten. Unter den verschiedenen Aenderungsvorschlägen ist wohl der von v. Glück a. a. O. S. 362. f. Anm. 5. vertheidigte, den ersten Satz in eine Frage zu verwandeln, der leichteste.. 1Ich stimme mit dem Atilicinus überein, und glaube, dass man nur die, ohne fürchten zu müssen, ein Verbrechen zu begehen, im Concubinat haben könne, mit welcher kein Stuprum22Der lateinische Ausdruck hat beibehalten werden müssen, weil wir kein Wort haben, welches den unehelichen Beischlaf mit einer ehrbaren und freien Jungfrau oder Wittwe bezeichnet, und selbst auch, wie hier das adulterium in sich begreift. S. v. Glück a. a. O. S. 403. ff. begangen wird. 2Wer aber eine wegen des Ehebruchs Verurtheilte zur Concubine gehabt hat, der ist, wie ich glaube, nicht durch das Julische Gesetz über den Ehebruch gehalten, obwohl er gehalten sein würde, wenn er sie zur Ehefrau genommen hätte. 3Wenn eine [Freigelassene] im Concubinat mit ihrem Patron gewesen ist, sodann [in dem Concubinat seines] Sohnes oder in dem [seines] Enkels zu sein angefangen hat, oder umgekehrt, so, glaube ich, handelt sie nicht recht, weil eine Verbindung der Art fast eine sündliche ist; und darum ist eine schlechte Handlung der Art zu verbieten. 4Es ist allgemein bekannt, dass man eine Concubine von jedem Alter haben könne, wenn sie nur nicht jünger als zwölf Jahre ist.

2Pau­lus li­bro duo­de­ci­mo ad le­gem Iu­liam et Pa­piam. Si pa­tro­nus li­ber­tam con­cu­bi­nam ha­bens fu­re­re coe­pe­rit, in con­cu­bi­na­tu eam es­se hu­ma­nius di­ci­tur.

2Paul. lib. XII. ad leg. Jul. et Pap. Wenn ein Patron, welcher [seine] Freigelassene zur Concubine hat, angefangen haben sollte, zu rasen, so ist es menschlicher, wenn man sagt, dass sie im Concubinat bleibe.

3Mar­cia­nus li­bro duo­de­ci­mo in­sti­tu­tio­num. In con­cu­bi­na­tu pot­est es­se et alie­na li­ber­ta et in­ge­nua et ma­xi­me ea quae ob­scu­ro lo­co na­ta est vel quaes­tum cor­po­re fe­cit. alio­quin si ho­nes­tae vi­tae et in­ge­nuam mu­lie­rem in con­cu­bi­na­tum ha­be­re ma­lue­rit, si­ne tes­ta­tio­ne hoc ma­ni­fes­tum fa­cien­te non con­ce­di­tur. sed ne­ces­se est ei vel uxo­rem eam ha­be­re vel hoc re­cu­san­tem stu­prum cum ea com­mit­te­re: 1Nec ad­ul­te­rium per con­cu­bi­na­tum ab ip­so com­mit­ti­tur. nam quia con­cu­bi­na­tus per le­ges no­men as­sump­sit, ex­tra le­gis poe­nam est, ut et Mar­cel­lus li­bro sep­ti­mo di­ges­to­rum scrip­sit.

3Marcian. lib. XII. Institut. Im Concubinat kann sich sowohl eine fremde Freigelassene, als auch eine Freigeborene, und vorzüglich eine solche befinden, welche von niedriger Herkunft ist, oder mit ihrem Körper Gewinn getrieben hat; sonst wenn Jemand eine Frauensperson von ehrbarem Lebenswandel und von freier Geburt lieber sollte im Concubinat haben wollen, so wird es ihm ohne eine Erklärung vor Zeugen, durch welche er dies bekannt macht, nicht gestattet, sondern er muss sie entweder zur Ehefrau haben, oder wenn er dies nicht will, ein Stuprum2 mit ihr begehen. 1Auch wird von einem Manne durch den Concubinat kein Adulterium33Auch hier ist der lateinische Ausdruck beibehalten worden, weil er hier in einem weiteren Sinne, als der deutsche: Ehebruch, gebraucht worden ist, indem er auch das stuprum begreift. S. Zimmern Gesch. d. R. Pr. R. Bd. 1. §. 133. S. 488. Anm. 20a, welcher den Sinn unserer Stelle so angibt: Da wo ein nach den leges (Jul. et Pap. Popp.) zulässiger Concubinat eingegangen ist, da finden die auf das Stuprum gesetzten Strafen der lex (Julia de adulter.) keine Anwendung. S. auch v. Glück a. a. O. S. 414. f. begangen; denn weil der Concubinat seine Gültigkeit (nomen) durch die Gesetze bekommen hat, so liegt er ausser der Strafe des Gesetzes, wie auch Marcellus im siebenten Buche der Digesta geschrieben hat.

4Pau­lus li­bro no­no de­ci­mo re­spon­so­rum. Con­cu­bi­nam ex so­la ani­mi de­sti­na­tio­ne aes­ti­ma­ri opor­tet.

4Paul. lib. XIX. Respons. [Ob eine Frauensperson] eine Concubine [sei], muss man blos nach der Bestimmung des Willens beurtheilen.

5Idem li­bro se­cun­do sen­ten­tia­rum. Con­cu­bi­nam ex ea pro­vin­cia, in qua quis ali­quid ad­mi­nis­trat, ha­be­re pot­est.

5Idem lib. II. Sentent. Wer in einer Provinz irgend [ein Amt] verwaltet, kann aus derselben eine Concubine haben.