Si mulier ventris nomine in possessione calumniae causa esse dicetur
(Wenn behauptet werden wird, dass eine Frau für ihre Leibesfrucht durch Chicane im Besitze sei.)
1Ulp. lib. XXXIV. ad Ed. Wenn über den Besitz für die Leibesfrucht gestritten werden, und die Frau auf den Antrag des Erben geschworen haben sollte, dass sie schwanger sei, so ist der Eid in Kraft zu erhalten, und die Frau wird nicht gehalten sein, als wäre sie durch Chicane in den Besitz eingewiesen worden, und es ist gegen sie nach dem Eide keine Gewalt zu brauchen; wenn sie aber geboren hat, dann wird die Wahrheit untersucht werden, ob sie [nämlich] von dem [verstorbenen Manne] schwanger gewesen sei; denn einem Dritten ist der unter Anderen vorgekommene Eid weder von Nutzen, noch von Schaden, und daher wird er auch der Leibesfrucht nicht schaden. 1Und dies Edict rührt aus demselben Grunde her, wie das vorige; denn der Prätor muss eben so, wie er in Betreff des der Frau für ihre Leibesfrucht zu gebenden Nachlassbesitzes willfährig ist, ihre Chicane nicht unbestraft lassen. 2[Die Frau] wird aber aus Chicane im Besitze gewesen zu sein scheinen, welche, da sie es wohl wusste und kannte, dass sie nicht schwanger sei, in den Besitz hat kommen wollen. 3Diese Klage verspricht aber der Prätor innerhalb eines zur Rechtsverfolgung dienlichen Jahres, länger nicht, nämlich [weil sie] eine Straf[klage ist]. 4Auf gleiche Weise verspricht aber auch hier der Prätor eine Klage auf soviel, als das Interesse des Klagenden betragen haben wird. 5Auch gegen den Vater verspricht der Prätor die Klage, wenn es nur durch ihn bewirkt worden ist, dass [die Frau] durch Chicane in den Besitz kam. 6Es steht aber diese Klage dem zu, in dessen Interesse es gelegen hat, dass die Frau nicht in den Besitz eingewiesen sei, z. B. dem Miterben, welcher die Leibesfrucht erwartet11Welcher mit der Leibesfrucht zugleich erben würde, und daher ein Interesse daran hat, wenn dieselbe nicht geboren wird, indem dadurch sein Erbtheil geschmälert wird., oder dem, welcher [derselben] substituirt gewesen ist, oder der ohne Testament, wenn das Kind nicht gewesen wäre, hätte erben können. 7Das Interesse scheint sich aber zuerst auf [den Ersatz für] den Unterhalt zu beziehen, welcher für die Leibesfrucht gegeben worden ist; denn es wird dieser nicht anders zurückgefordert, als wenn [die Frau] durch Chicane in den Besitz gekommen ist. Sonst, wenn die Frau von Chicane frei ist, so wird sie Nichts leisten, wenn sie ohne Grund unter dem Vorwande einer Leibesfrucht ernährt worden ist. 8Zuweilen wird das Interesse erhöht werden, wenn etwa Jemand, weil er zweifelte, ob sie schwanger sei, von der Erbschaft ausgeschlossen sein sollte; denn Julianus sagt, dass dem Erben desjenigen, der ausgeschlossen worden ist, diese Klage zu geben sei, wenn es auch in seinem Interesse gelegen hat, dass die Frau durch Chicane nicht in den Besitz gewiesen wäre; weil er, wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, dadurch, dass er als eingesetzter Erbe die Erbschaft angetreten hätte, seinem Erben seine Erbschaft reicher hinterlassen hätte. Aber auch das wird der Frau angerechnet, wenn Vieles in der Erbschaft verringert worden ist, weil dieser (der Erbe) aus Rücksicht auf die Leibesfrucht die Erbschaft nicht berührt hat. 9Derselbe Julianus sagt im neunzehnten Buche der Digesta: wenn der Substituirte, während die Frau im Besitze blieb, verstorben sein wird, so wird der Erbe desselben mit derselben Klage von der Frau den Werth der Erbschaft fordern. 10Ob aber die Legate und die übrigen Lasten der Erbschaft wegfallen, ist zu untersuchen. Und mir scheint es, dass man sagen könne, dass die Legatarien sich vielmehr gegen die Frau dieser Klage bedienen werden, weil es auch in ihrem Interesse gelegen hat, dass die Erbschaft angetreten werde. 11Freilich der [im Testament den Sclaven ertheilten] Freiheit wird man gegen den zu Hülfe kommen müssen, welcher wegen der Erbschaft mit dieser Klage. geklagt hat, nämlich auf dass er, der doch jeden Falls auch den Werth der [Sclaven] erlangt, für die fideicommissarischen [Freilassungen] stehe; aber ich glaube, dass der Prätor auch den directen [Freilassungen] zu Hülfe kommen müsse, so dass er durch seine Dazwischenkunft die Freiheit der [Sclaven] schützt. 12Wenn eine böse Absicht einer Haustochter vorgekommen sein, und der Vater an der bösen Absicht Theil genommen haben wird, so wird er auf eigenen Namen gehalten sein.