Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 25 übersetzt von Schneider unter Redaction von Otto
Dig. XXV5,
Si ventris nomine muliere in possessionem missa eadem possessio dolo malo ad alium translata esse dicatur
Liber vicesimus quintus
V.

Si ventris nomine muliere in possessionem missa eadem possessio dolo malo ad alium translata esse dicatur

(Wenn eine Frau für ihre Leibesfrucht in den Besitz eingewiesen ist, und behauptet werden sollte, dass derselbe Besitz in böser Absicht auf einen Andern übertragen sei.)

1Ul­pia­nus li­bro tri­ge­si­mo quar­to ad edic­tum. Hoc edic­to rec­tis­si­me prae­tor pro­spe­xit, ne, dum in fa­vo­rem par­tus pos­ses­sio­nem pol­li­cea­tur, aliis prae­dae oc­ca­sio­nem prae­beat: 1Id­cir­co con­sti­tuit ac­tio­nem in mu­lie­rem, quae in alium hanc pos­ses­sio­nem do­lo ma­lo trans­tu­lit. non so­lum mu­lie­rem prae­tor co­er­cet, ve­rum eum quo­que in cu­ius po­tes­ta­te ea fue­rit, sci­li­cet si do­lo ip­so­rum alius in pos­ses­sio­nem fue­rit ad­mis­sus, ac­tio­nem­que in tan­tum pol­li­ce­tur in eos, quan­ti in­ter­fuit eius qui ex­per­i­tur. 2Ne­ces­sa­rio prae­tor ad­ie­cit, ut, qui per do­lum venit in pos­ses­sio­nem, co­ga­tur de­ce­de­re: co­get au­tem eum de­ce­de­re non prae­to­ria po­tes­ta­te vel ma­nu mi­nis­tro­rum, sed me­lius et ci­vi­lius fa­ciet, si eum per in­ter­dic­tum ad ius or­di­na­rium re­mi­se­rit. 3In­ter­est au­tem eius qui ex­per­i­tur ad­mis­sum alium in pos­ses­sio­nem non fuis­se, cum for­te bo­na fi­de fruc­tus per­cep­tos con­sump­se­rit, aut si prae­do ve­ne­rit in pos­ses­sio­nem, a quo fruc­tus con­se­qui non pos­sit, quia sol­ven­do non est. 4Haec ac­tio et­iam post an­num da­bi­tur, quia rei ha­bet per­se­cu­tio­nem. 5Et si fi­lia fa­mi­lias sit quae do­lo fe­cit, in pa­trem da­bi­tur ac­tio, si quid ad eum per­ve­ne­rit.

1Ulp. lib. XXXIV. ad Ed. In diesem Edict hat der Prätor ganz recht dafür gesorgt, dass nicht, während er zu Gunsten der Leibesfrucht den Besitz verspricht, dies Anderen Gelegenheit zur Beute gebe. 1Darum hat er eine Klage gegen die Frau, welche diesen Besitz in böser Absicht auf einen Anderen übertragen hat, festgesetzt. Der Prätor bestraft nicht blos die Frau, sondern auch den, in dessen Gewalt sie gewesen sein wird, nämlich wenn durch die böse Absicht dieser [Personen] ein Anderer in den Besitz gelassen sein wird, und er verspricht gegen dieselben eine Klage auf soviel, als das Interesse dessen betragen haben wird, welcher verfährt. 2Nothwendiger Weise hat der Prätor hinzugefügt, dass der, welcher durch die böse Absicht in den Besitz gekommen ist, gezwungen wird, zu weichen. Er wird ihn aber nicht mit seiner prätorischen Gewalt, oder durch die Hand [seiner] Diener zum Weichen zwingen, sondern er wird besser und billiger handeln, wenn er ihn durch ein Interdict zum ordentlichen Rechtsverfahren11Ad jus ordinarium. S. v. Glück a. a. O. S. 335. Anm. 54. verweist. 3Es liegt aber in dem Interesse dessen, welcher verfährt, dass ein Anderer nicht in den Besitz gelassen sei, da derselbe vielleicht die gezogenen Früchte in guten Glauben verzehrt hat, oder wenn ein widerrechtlicher Besitzer in den Besitz gekommen sein sollte, von dem er [Ersatz für] die Früchte nicht erlangen kann, weil er nicht zahlungsfähig ist. 4Diese Klage wird auch nach einem Jahre gegeben werden, weil sie die Verfolgung einer Sache enthält. 5Und wenn die, welche mit böser Absicht gehandelt hat, eine Haustochter sein sollte, so wird gegen den Vater eine Klage gegeben werden, wenn Etwas an ihn gekommen sein wird.

2Pau­lus li­bro tri­ge­si­mo sep­ti­mo ad edic­tum. Do­lo fa­cit mu­lier, non quae in pos­ses­sio­nem ve­nien­tem non pro­hi­bet, sed quae cir­cum­scri­ben­di ali­cu­ius cau­sa clam et per quan­dam ma­chi­na­tio­nem in pos­ses­sio­nem in­tro­du­cat. 1Si et pa­tris et fi­liae fac­tum ar­gue­tur, in al­te­rum quem ac­tor ve­lit red­den­da est ac­tio. quia in id quod agen­tis in­ter­est da­tur, id­eo, si id quod ei ab­est ab eo qui in po­tes­ta­te est ser­va­ri pos­sit, prae­ter sump­tus li­tis cau­sa fac­tos in­uti­lis erit ei haec ac­tio.

2Paul. lib. XXXVII. ad Ed. Nicht die Frau handelt mit böser Absicht, welche Einen, der in den Besitz kommt, nicht abhält, sondern die, welche, um Jemanden zu verkürzen, heimlich und durch ein gewisses listiges Verfahren in den Besitz einführt. 1Wenn eine Handlung sowohl des Vaters, als der Tochter, angeschuldigt werden wird, so ist gegen einen von beiden, welchen der Kläger will, die Klage zu geben; weil sie auf soviel, als das Interesse des Klagenden beträgt, gegeben wird; wenn darum das, was ihm fehlt, von dem, welcher sich in dem Besitz22In possessione statt in potestate mit Haloander u. And. S. Cujac. Observ. XXIII. c. 39. v. Glück a. a. O. S. 337. ff. befindet, nicht erlangt werden kann, so wird für ihn diese Klage, ausser in Betreff der Processkosten, unnütz sein.