Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 20 übersetzt von Sintenis
Dig. XX3,
Quae res pignori vel hypothecae datae olbigari non possunt
Liber vicesimus
III.

Quae res pignori vel hypothecae datae olbigari non possunt

(Von den Sachen, die zum Unterpfand oder zur Hypothek gegeben nicht verpflichtet werden.)

1Mar­cia­nus li­bro sin­gu­la­ri ad for­mu­lam hy­po­the­ca­riam. Pu­pil­lus si­ne tu­to­ris auc­to­ri­ta­te hy­po­the­cam da­re non pot­est. 1Si fi­lius fa­mi­lias pro alio rem pe­cu­lia­rem ob­li­ga­ve­rit vel ser­vus, di­cen­dum est eam non te­ne­ri, li­cet li­be­ram pe­cu­lii sui ad­mi­nis­tra­tio­nem ha­beant: sic­ut nec do­na­re eis con­ce­di­tur: non enim us­que­qua­que ha­bent li­be­ram ad­mi­nis­tra­tio­nem. fac­ti ta­men est quaes­tio, si quae­ra­tur, quo­us­que eis per­mis­sum vi­dea­tur pe­cu­lium ad­mi­nis­tra­re. 2Eam rem, quam quis eme­re non pot­est, quia com­mer­cium eius non est, iu­re pig­no­ris ac­ci­pe­re non pot­est, ut di­vus Pius Clau­dio Sa­tur­ni­no re­scrip­sit. quid er­go, si prae­dium quis liti­gio­sum pig­no­ri ac­ce­pe­rit, an ex­cep­tio­ne sum­mo­ven­dus sit? et Oc­ta­ve­nus pu­ta­bat et­iam in pig­no­ri­bus lo­cum ha­be­re ex­cep­tio­nem: quod ait Scae­vo­la li­bro ter­tio va­ria­rum quaes­tio­num pro­ce­de­re, ut in re­bus mo­bi­li­bus ex­cep­tio lo­cum ha­beat.

1Marcian. lib. sing. ad form. hyp. Ein Mündel kann ohne Ermächtigung seines Vormundes keine Hypothek bestellen. 1Wenn ein Familiensohn oder ein Sclav eine zu seinem Sondergute gehörige Sache einem Andern verpfändet hat, so findet keine Verpflichtung in Ansehung derselben Statt, wenn sie auch die freie Verwaltung ihres Sonderguts haben, ebenso wie sie auch keine Schenkung machen dürfen; denn so weit erstreckt sich die ihnen zuständige Verwaltung nicht. Doch ist die Frage, inwieweit ihnen die Verwaltung ihres Sonderguts verstattet sei, [nicht Rechtens, sondern betrifft] eine Thatsache. 2Die Sache, welche Jemand nicht kaufen kann, weil sie nicht Gegenstand des Verkehrs für ihn ist, kann er auch nicht zum Pfande empfangen, wie der Kaiser Pius an den Claudius Saturninus rescribirt hat. Wie nun, wenn Jemand ein streitiges Grundstück zum Pfande empfangen hat, kann er da mit einer Einrede abgewiesen werden? — Octavenus glaubte, dass die Einrede auch in Ansehung von Pfändern Statt habe. Die Zulässigkeit dieser Einrede, sagt Scävola im dritten Buche seiner vermischten Abhandlungen, erstreckt sich auch auf bewegliche Sachen.

2Gaius li­bro sin­gu­la­ri de for­mu­la hy­po­the­ca­ria. Si alius pro mu­lie­re quae in­ter­ces­sit de­de­rit hy­po­the­cam, aut pro fi­lio fa­mi­lias cui con­tra se­na­tus con­sul­tum cre­di­tum est, an his suc­cur­ri­tur, quae­ri­tur. et in eo qui­dem, qui pro mu­lie­re ob­li­ga­vit rem suam, fa­ci­lius di­ce­tur suc­cur­ri ei, sic­uti fi­de­ius­so­ri hu­ius mu­lie­ris ea­dem da­tur ex­cep­tio. sed et in eo, qui pro fi­lio fa­mi­lias rem ob­li­ga­vit, ea­dem di­cen­da erunt, quae trac­tan­tur et in fi­de­ius­so­re eius.

2Gaj. lib. sing. de form hyp. Wenn Jemand für eine Frau, die sich verbürgt hat, oder für einen Familiensohn, dem dem Senatsbeschluss zuwider Geld vorgeschossen worden, Hypothek bestellt hat, so ist die Frage, ob diesem zu helfen sei? In Bezug auf den, der für eine Frau eine ihm gehörige Sache verpfändet hat, ist die Frage leichter zu entscheiden; denn man kommt ihm ebenso zur Hülfe, wie dem für die Frau eingetretenen Bürgen dieselbe Einrede ertheilt wird. Doch wird auch in Betreff dessen, der eine ihm gehörige Sache für einen Familiensohn verpfändet hat, dasselbe als gültig behauptet werden können, was in Ansehung seines Bürgen Statt findet.

3Pau­lus li­bro ter­tio quaes­tio­num. Aris­to Ne­ra­tio Pris­co scrip­sit: et­iam­si ita con­trac­tum sit, ut an­te­ce­dens di­mit­te­re­tur, non ali­ter in ius pig­no­ris suc­ce­det, ni­si con­ve­ne­rit, ut si­bi ea­dem res es­set ob­li­ga­ta: ne­que enim in ius pri­mi suc­ce­de­re de­bet, qui ip­se ni­hil con­ve­nit de pig­no­re: quo ca­su emp­to­ris cau­sa me­lior ef­fi­cie­tur. de­ni­que si an­ti­quior cre­di­tor de pig­no­re ven­den­do cum de­bi­to­re pac­tum in­ter­po­suit, pos­te­rior au­tem cre­di­tor de dis­tra­hen­do omi­sit non per ob­li­vio­nem, sed cum hoc age­re­tur, ne pos­set ven­de­re, vi­dea­mus, an di­ci pos­sit huc us­que trans­ire ad eum ius prio­ris, ut dis­tra­he­re pig­nus huic li­ceat. quod ad­mit­ten­dum ex­is­ti­mo: sae­pe enim quod quis ex sua per­so­na non ha­bet, hoc per ex­tra­neum ha­be­re pot­est.

3Ad Dig. 20,3,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 233b, Noten 4, 10.Paul. lib. III. Quaest. Aristo schrieb an den Neratius Priscus: Wenn auch [zwischen einem Schuldner und einem Andern] ein Contract in der Art abgeschlossen worden ist, dass ein voranstehender [Gläubiger mit dem von dem Andern vorzuschiessenden Gelde] befriedigt werden solle, so folgt ihm der letztere in das Pfandrecht doch nur dann nach, wenn man sich dahin geeinigt hat, dass ihm dieselbe Sache verpfändet sein solle; denn wer sich selbst das Pfand nicht ausbedungen hat, darf dem erstern in sein Recht nicht nachfolgen, in welchem Fall es besser sein würde, die Sache zu kaufen. Auch wenn der frühere Gläubiger mit dem Schuldner einen besondern Vertrag über den Verkauf des Pfandes eingegangen ist, der nachherige Gläubiger aber diesen Vertrag über den Verkauf nicht eingegangen war, und zwar nicht etwa, weil er es vergessen hatte, sondern weil es ausgemacht worden war, dass er nicht solle zum Verkauf schreiten können, ist es noch die Frage, ob sich behaupten lasse, dass das Recht des frühern [Gläubigers] auch insoweit auf ihn übergehe, dass ihm der Verkauf des Pfandes freistehe? — Ich glaube wohl, denn oftmals kann man das durch einen Dritten haben, was man durch sich selbst nicht hat.

4Idem li­bro quin­to re­spon­so­rum. Ti­tius cum mu­tuam pe­cu­niam ac­ci­pe­re vel­let a Mae­vio, ca­vit ei et quas­dam res hy­po­the­cae no­mi­ne da­re de­sti­na­vit: de­in­de post­quam quas­dam ex his re­bus ven­di­dis­set, ac­ce­pit pe­cu­niam: quae­si­tum est, an et prius res ven­di­tae cre­di­to­ri te­ne­ren­tur. re­spon­dit, cum in po­tes­ta­te fue­rit de­bi­to­ris post cau­tio­nem in­ter­po­si­tam pe­cu­niam non ac­ci­pe­re, eo tem­po­re pig­no­ris ob­li­ga­tio­nem con­trac­tam vi­de­ri, quo pe­cu­nia nu­me­ra­ta est, et id­eo in­spi­cien­dum, quas res in bo­nis de­bi­tor nu­me­ra­tae pe­cu­niae tem­po­re ha­bue­rit.

4Idem lib. V. Resp. Als Titius im Begriff stand, vom Mävius ein Darlehn aufzunehmen, bestellte er demselben Sicherheit, und bestimmte ihm einige Sachen als Unterpfand zu übergeben; nachher, als er einige davon verkauft hatte, empfing er die Zahlung; es entstand nun die Frage, ob die früher verkauften Sachen dem Gläubiger auch hafteten? — Die Antwort lautete dahin, dass, wenn es in der Gewalt des Schuldners gestanden habe, nach Bestellung der Sicherheit das Geld [noch] anzunehmen oder nicht, die Pfandverbindlichkeit [erst] von dem Augenblick an eingegangen zu betrachten sei, wo das Geld gezahlt worden ist, und mithin darauf Rücksicht zu nehmen sei, welche Sachen der Schuldner zur Zeit der Zahlung des Geldes besessen habe.

5Idem li­bro quin­to sen­ten­tia­rum. Cre­di­tor, qui sciens fi­lium fa­mi­lias a pa­ren­te pig­no­ri ac­ce­pit, rele­ga­tur.

5Idem lib. V. Sentent. Der Gläubiger, der einen Familiensohn von dessen Vater wissentlich als Pfand angenommen hat, wird verbannt.