Liber secundus
IX.
Si ex noxali causa agatur, quemadmodum caveatur
(Wie Sicherheit gestellt wird, wenn eine Noxalklage erhoben [oder: wegen Schädenansprüchen geklagt] wird.)
1Ulpianus libro septimo ad edictum. Si quis eum, de quo noxalis actio est, iudicio sisti promisit, praetor ait in eadem causa eum exhibere, in qua tunc est, donec iudicium accipiatur. 1‘In eadem causa’ quid sit, videamus: et puto verius eum videri in eadem causa sistere, qui ad experiendum non facit ius actoris deterius. si desinat servus esse promissoris vel actio amissa sit, non videri in eadem causa statum Labeo ait: vel si qui pari loco erat in litigando, coepit esse in duriore, vel loco vel persona mutata: itaque si quis ei qui in foro promissoris conveniri non potest venditus aut potentiori datus sit, magis esse putat, ut non videatur in eadem causa sisti. sed et si noxae deditus sit, Ofilius non putat in eadem causa sisti, cum noxae deditione ceteris noxalem actionem peremi putat.
1Ulp. lib. VII. ad Edictum. Wenn Jemand versprochen hat, den vor Gericht zu stellen, dessentwegen eine Noxalklage vorliegt, so sagt der Prätor: man solle ihn unter denselben Umständen stellen, in welchen er damals sich befand, als die Einlassung auf die Klage erfolgte. 1Sehen wir, was es heisse, unter denselben Umständen stellen; und ich halte es für richtiger, dass man den für in denselben Umständen befindlich ansehen müsse, welcher des Klägers Recht in Bezug auf die Klage nicht verschlechtert. Wenn der Sclave aufhört, dem zu gehören, welcher das Versprechen geleistet hat, oder wenn die Klage verloren gegangen ist, so nimmt man, wie Labeo sagt, nicht an, dass er unter denselben Umständen gestellt worden, eben so wenig, als dann, wenn der, welcher im Streite gleich war, nun im Nachtheile ist, sei es, dass der Ort oder die Person eine Veränderung erlitten haben. Wenn daher Jemand dem, welcher im Gerichtsstande dessen, welcher das Versprechen geleistet hat, nicht verklagt werden kann, verkauft oder einem einflussreichern zum Eigenthum gegeben worden ist, glaubt er, es sei mehr dafür vorhanden, dass man annehme, jener sei nicht unter den nämlichen Umständen gestellt worden. Aber auch, wenn er zur Strafe ausgeliefert worden ist, glaubt Ofilius, er werde nicht unter den nämlichen Umständen gestellt, da durch diese Auslieferung zur Strafe seiner Meinung nach den übrigen das Recht auf die Noxalklage genommen wird.
2Paulus libro sexto ad edictum. Sed alio iure utimur. nam ex praecedentibus causis non liberatur noxae deditus: perinde enim noxa caput sequitur, ac si venisset. 1Si absens sit servus, pro quo noxalis actio alicui competit: si quidem dominus non negat in sua potestate esse, compellendum putat Vindius vel iudicio eum sisti promittere vel iudicium accipere, aut, si nolit defendere, cauturum, cum primum potuerit, se exhibiturum: sin vero falso neget in sua potestate esse, suscepturum iudicium sine noxae deditione. idque Iulianus scribit et si dolo fecerit, quominus in eius esset potestate. sed si servus praesens est, dominus abest nec quisquam servum defendit, ducendus erit iussu praetoris: sed causa cognita domino postea dabitur defensio, ut Pomponius et Vindius scribunt, ne ei absentia sua noceat: ergo et actori actio restituenda est, perempta eo quod ductus servus in bonis eius esse coepit.
2Paul. lib. VI. ad Edictum. Aber jetzt gilt anderes Recht; denn aus den obengenannten Gründen wird der zur Strafe Ausgelieferte nicht befreit: denn das Recht auf die Noxalklage hängt eben so an seiner Person, als ob er verkauft worden wäre. 1Ist der Sclave abwesend, in Bezug auf welchen Jemandem eine Noxalklage zusteht, so glaubt Vindius, dass, im Fall der Herr leugnet, er stehe in seiner Gewalt, dieser zu zwingen sei, entweder für dessen Stellung vor Gericht zu bürgen, oder sich auf die Klage einzulassen, oder wenn er ihn nicht gerichtlich vertreten will, Sicherheit zu stellen, dass er ihn, sobald er könne, stellen wolle: dagegen werde er sich auf die Klage mit Ausschluss aller Auslieferung zu Strafe einlassen müssen, wenn er fälschlich leugnet, er stehe in seiner Gewalt; und dasselbe schreibt Julian, werde Statt finden, wenn er hinterlistig ihn aus seiner Gewalt hinweggebracht habe. Aber wenn der Sclave gegenwärtig ist, der Herr abwesend, und Niemand den Sclaven gerichtlich vertritt, so ist er auf Befehl des Prätors in eigenen Gewahrsam zu nehmen; dem Herrn wird man jedoch nach vorläufiger Untersuchung der Sache in der Folge verstatten, ihn zu vertreten, wie Pomponius und Vindius schreiben, damit ihm seine Abwesenheit nicht schade. Auch dem Kläger ist demnach das Klagerecht wieder zu ertheilen, das er dadurch verlor, dass der in eigenen Gewahrsam gebrachte Sclave zu seinem Vermögen zu gehören angefangen hatte.
3Ulpianus libro septimo ad edictum. Si cum usufructuario noxali iudicio agetur isque servum non defenderit, denegatur ei per praetorem usus fructus persecutio.
3Ulp. lib. VII. ad Edictum. Wenn man gegen den Nutzniesser mit einer Noxalklage einkommt, und dieser den Sclaven gerichtlich nicht vertritt, so wird ihm vom Prätor die gerichtliche Verfolgung seines Niessbrauchs abgeschlagen.
4Gaius libro sexto ad edictum provinciale. Si cum uno ex dominis noxalis agetur, an pro parte socii satisdare deberet? Sabinus ait non debere: quia quodammodo totum suum hominem defenderet, cui in solidum defendendi necessitas esset, nec auditur, si pro parte paratus sit defendere.
4Gaj. lib. VI. ad Edictum prov. Wenn gegen einen der Herrn eine Noxalklage angestellt wird, braucht der nur für seinen Antheil als Gesellschafter Sicherheit zu stellen? Sabinus sagt, er dürfe das nicht, weil der gewissermaassen den Sclaven als ihm ganz gehörig gerichtlich verträte, welchem die Nothwendigkeit auferlegt wäre, ihn völlig zu vertreten, und der nicht gehört wird, welcher für seinen Antheil ihn zu vertreten bereit ist.
5Ulpianus libro quadragensimo septimo ad Sabinum. Si servum in eadem causa sistere quidam promiserit et liber factus sistatur: si de ipso controversia est capitalium actionum iniuriarumque nomine, non recte sistitur: quia aliter de servo supplicium et verberibus de iniuria satisfit, aliter de libero vindicta sumitur vel condemnatio pecuniaria. quod autem ad ceteras noxales causas pertinet, etiam in meliorem causam videtur pervenisse.
5Ulp. lib. XLVII. ad Sabinum. Wenn Jemand versprochen hat, einen Sclaven unter denselben Umständen zu stellen, und dieser, nachdem er die Freiheit erlangt hat, gestellt wird, so ist er nicht richtig gestellt, wenn in Bezug auf ihn aus Klaggründen, welche Todesstrafe mit sich bringen, oder wegen Injurien ein Process obschwebt, weil die Genugthuung anders beim Sclaven, anders beim Freien ausfällt; bei jenem besteht sie in Todesstrafe, und in Betreff der Injurien in Peitschenhieben; diesen trifft eine andere Kühlung der Rache oder Verurtheilung auf Geldstrafe. Was aber die übrigen Gründe anbelangt, aus denen Noxalklagen entspringen, so scheint er sogar einen bessern Stand dabei gewonnen zu haben.
6Paulus libro undecimo ad Sabinum. Sed si statu liberum sisti promissum sit, in eadem causa sisti videtur, quamvis liber sistatur, quod implicitus ei casus libertatis fuerit.
6Paul. lib. XI. ad Sabinum. Aber wenn versprochen wurde, dass ein statu liber gestellt werde, so scheint er unter denselben Umständen gestellt zu werden, wenn er gleich schon als freier Mann gestellt wird, weil ja das Recht auf Freihheit an ihm schon damals haftete.