Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Zweites Buch übersetzt von Heimbach unter Redaction von Otto
Dig. II8,
Qui satisdare cogantur vel iurato promittant vel suae promissioni committantur
Liber secundus
VIII.

Qui satisdare cogantur vel iurato promittant vel suae promissioni committantur

(Von denen, welche gezwungen werden, Sicherheit zu stellen, oder ein eidliches Versprechen leisten, oder auf ihr einfaches Versprechen entlassen werden.)

1Gaius li­bro quin­to ad edic­tum pro­vin­cia­le. Sa­tis­da­tio eo­dem mo­do ap­pel­la­ta est quo sa­tis­fac­tio. nam ut sa­tis­fa­ce­re di­ci­mur ei, cu­ius de­si­de­rium im­ple­mus, ita sa­tis­da­re di­ci­mur ad­ver­sa­rio nos­tro, qui pro eo, quod a no­bis pe­tiit, ita ca­vit, ut eum hoc no­mi­ne se­cu­rum fa­cia­mus da­tis fi­de­ius­so­ri­bus.

1Gaj. lib. V. ad Edictum prov. Sicherheit stellen (satisdatio) ist auf dieselbe Weise gesagt, wie Zufriedenstellen (satisfacere); denn so wie man von uns sagt, dass wir Jemanden zufrieden stellen, wenn wir seinen Wunsch befriedigen, eben so sagt man von uns, dass wir unserm Gegner Sicherheit stellen, wenn wir in Bezug auf das, was er von uns verlangte, die Vorkehrung treffen, dass wir ihn deshalb durch Stellung von Bürgen sicher setzen.

2Ul­pia­nus li­bro quin­to ad edic­tum. Fi­de­ius­sor in iu­di­cio sis­ten­di cau­sa lo­cu­ples vi­de­tur da­ri non tan­tum ex fa­cul­ta­ti­bus, sed et­iam ex con­ve­nien­di fa­ci­li­ta­te. 1Si quis his per­so­nis, quae age­re non po­tue­runt, fi­de­ius­so­rem iu­di­cio sis­ten­di cau­sa de­de­rit, frus­tra erit da­tio. 2Prae­tor ait: ‘Si quis pa­ren­tem, pa­tro­num pa­tro­nam, li­be­ros aut pa­ren­tes pa­tro­ni pa­tro­nae, li­be­ros­ve suos eum­ve quem in po­tes­ta­te ha­be­bit, vel uxo­rem, vel nu­rum in iu­di­cium vo­ca­bit: qua­lis­cum­que fi­de­ius­sor iu­di­cio sis­ten­di cau­sa ac­ci­pia­tur.’ 3Quod ait prae­tor ‘li­be­ros­ve suos’, ac­ci­pie­mus et ex fe­mi­ni­no se­xu de­scen­den­tes li­be­ros. pa­ren­ti­que da­bi­mus hoc be­ne­fi­cium non so­lum sui iu­ris, sed et­iam si in po­tes­ta­te sit ali­cu­ius: hoc enim Pom­po­nius scri­bit. et fi­lius fi­de­ius­sor pro pa­tre fie­ri pot­est, et­iam si in al­te­rius po­tes­ta­te sit. nu­rum et­iam pron­u­rum et de­in­ceps ac­ci­pe­re de­be­mus. 4Quod ait prae­tor ‘qua­lis­cum­que fi­de­ius­sor ac­ci­pia­tur’: hoc quan­tum ad fa­cul­ta­tes, id est et­iam non lo­cu­ples. 5In fi­de­ius­so­rem, qui ali­quem iu­di­cio sis­ti pro­mi­se­rit, tan­ti quan­ti ea res erit ac­tio­nem dat prae­tor. quod utrum ve­ri­ta­tem con­ti­neat an ve­ro quan­ti­ta­tem, vi­dea­mus. et me­lius est ut in ve­ram quan­ti­ta­tem fi­de­ius­sor te­n­ea­tur, ni­si pro cer­ta quan­ti­ta­te ac­ces­sit.

2Ulp. lib. V. ad Edictum. Der Reichthum eines Bürgen, welcher des Erscheinens vor Gericht halber gestellt wird, wird nicht allein nach seinem Vermögen, sondern auch nach der Leichtigkeit, ihn ausklagen zu können, beurtheilt. 1Hat Jemand Personen, welche nicht haben klagen können, einen Bürgen des sich vor Gerichtstellens halber gestellt, so wird die Stellung vergeblich sein. 2Der Prätor sagt: wenn Jemand Eltern, Freilasser, Freilasserin, Kinder oder Eltern des Freilassers, der Freilasserin, oder seine Kinder, oder den, welchen er unter seiner Gewalt hat, oder seine Frau oder seine Schwiegertochter vor Gericht rufen will, so soll jeglicher Bürge, wie er auch nur sei, des sich vor Gericht Stellens halber angenommen werden. 3Was der Prätor sagt: oder seine Kinder anlangend, so werden wir dies auch von Kindern der weiblichen Linie verstehen, und diese Rechtswohlthat nicht allein dem Vater, welcher sein eigener Herr ist, sondern auch, wenn er in eines Andern Gewalt steht, zugestehen; denn das schreibt Pomponius. Auch sein Sohn kann Bürge für den Vater werden, wenn er gleich unter eines Andern Gewalt steht. Unter der Schwiegertochter müssen wir auch die Frau des Enkels verstehen. 4Was der Prätor sagt: soll jeder Bürge, wie er auch nur sei, angenommen werden, anlangend, so bezieht sich das auf sein Vermögen, d. h. es soll auch ein nicht-reicher angenommen werden. 5Gegen den Bürgen, welcher versprochen hat, dass Jemand sich vor Gericht stelle, verstattet der Prätor eine Klage auf soviel, als die streitige Sache werth ist. Sehen wir, ob dies den wirklichen Preis, oder eine [gewisse] Summe in sich fasse. Und es ist richtiger, zu sagen, der Bürge sei bis zu dem wirklichen Werthe verbindlich, er müsste denn für eine bestimmte Summe beigetreten sein.

3Gaius li­bro pri­mo ad edic­tum pro­vin­cia­le. Si­ve in du­plum est ac­tio si­ve tri­pli aut qua­dru­pli, tan­ti eun­dem fi­de­ius­so­rem om­ni­mo­do te­ne­ri di­ci­mus, quia tan­ti res es­se in­tel­le­gi­tur.

3Gaj. lib. I. ad Edictum prov. Es mag die Hauptklage auf das Doppelte oder Dreifache oder Vierfache gehen, wir werden jedenfalls sagen, dass derselbe Bürge für eben so viel verbindlich sei, weil die Sache als so viel werth angesehen wird.

4Pau­lus li­bro quar­to ad edic­tum. Si de­ces­se­rit qui fi­de­ius­so­rem de­de­rit iu­di­cio sis­ten­di cau­sa, non de­be­bit prae­tor iu­be­re ex­hi­be­re eum. quod si igno­rans ius­se­rit ex­hi­be­ri vel post de­cre­tum eius an­te diem ex­hi­bitio­nis de­ces­se­rit, de­ne­gan­da erit ac­tio. si au­tem post diem ex­hi­bitio­nis de­ces­se­rit aut amis­e­rit ci­vi­ta­tem, uti­li­ter agi pot­est.

4Paul. lib. IV. ad Edictum. Ist der gestorben, welcher einen Bürgen des sich vor Gerichtstellens halber gestellt, so wird der Prätor nicht befehlen dürfen, dass dieser ihn zur Stelle schaffe. Hat er indess aus Unwissenheit dies befohlen, oder ist die fragliche Person nach Ertheilung des Befehls, oder vor dem tage, wo sie hätte gestellt werden sollen, gestorben, so muss die Klage abgewiesen werden. Ist sie aber nach dem Tage, wo sie hätte gestellt werden sollen, verstorben, oder hat sie nachdem das Bürgerrecht verloren, so kann mit Wirkung geklagt werden.

5Gaius li­bro pri­mo ad edic­tum pro­vin­cia­le. Si ve­ro pro con­dem­na­to fi­de­ius­se­rit et con­dem­na­tus de­ces­se­rit aut ci­vi­ta­tem Ro­ma­nam amis­e­rit, rec­te ni­hi­lo mi­nus cum fi­de­ius­so­re eius age­tur. 1Qui pro rei qua­li­ta­te evi­den­tis­si­me lo­cu­ple­tem vel, si du­bi­te­tur, ad­pro­ba­tum fi­de­ius­so­rem iu­di­cio sis­ten­di cau­sa non ac­ce­pe­rit: in­iu­ria­rum ac­tio ad­ver­sus eum es­se pot­est, quia sa­ne non quae­li­bet in­iu­ria est du­ci in ius eum, qui sa­tis ido­neum fi­de­ius­so­rem det. sed et ip­se fi­de­ius­sor, qui non sit ac­cep­tus, tam­quam de in­iu­ria si­bi fac­ta que­ri pot­erit.

5Gaj. lib. I. ad Edict. prov. Wenn Jemand aber einen Verurtheilten Bürgschaft geleistet hat, und der Verurtheilte gestorben ist oder das Römische Bürgerrecht verlor, so wird nun nichts desto weniger sein Bürge mit Recht verklagt werden. 1Wer einen der Lage des Gegenstandes nach offenbar reichen, oder, bei darüber obwaltendem Zweifel, gerichtlich für tüchtig erklärten Bürgen des sich vor Gerichtstellens halber nicht angenommen hat, gegen den kann die Injurienklage Statt finden, weil es allerdings eine Injurie von nicht geringer Bedeutung ist, dass der vor Gericht geschleppt werde, der einen hinlänglich tüchtigen Bürgen stellt. Aber auch der Bürge selbst, welcher nicht angenommen worden, kann sich beschweren, als ob ihm eine Injurie zugefügt worden sei.

6Pau­lus li­bro duo­de­ci­mo ad edic­tum. Quo­tiens vi­tio­se cau­tum vel sa­tis­da­tum est, non vi­de­tur cau­tum.

6Paul. lib. XII. ad Edictum. So oft fehlerhafte Versprechungen oder Bürgenstellungen geschehen sind, nimmt man an, sie seien nicht geschehen.

7Ul­pia­nus li­bro quar­to de­ci­mo ad edic­tum. Si fi­de­ius­sor non ne­ge­tur ido­neus, sed di­ca­tur ha­be­re fo­ri prae­scrip­tio­nem et me­tuat pe­ti­tor, ne iu­re fo­ri uta­tur: vi­den­dum quid iu­ris sit. et di­vus Pius (ut et Pom­po­nius li­bro epis­tu­la­rum re­fert et Mar­cel­lus li­bro ter­tio di­ges­to­rum et Pa­pi­nia­nus li­bro ter­tio quaes­tio­num) Cor­ne­lio Pro­cu­lo re­scrip­sit me­ri­to pe­ti­to­rem re­cu­sa­re ta­lem fi­de­ius­so­rem: sed si alias ca­ve­ri non pos­sit, prae­di­cen­dum ei non usu­rum eum pri­vi­le­gio, si con­ve­nia­tur. 1Si ne­ces­sa­ria sa­tis­da­tio fue­rit et non fa­ci­le pos­sit reus ibi eam prae­sta­re, ubi con­ve­ni­tur: pot­est au­di­ri, si in alia eius­dem pro­vin­ciae ci­vi­ta­te sa­tis­da­tio­nem prae­sta­re pa­ra­tus sit. si au­tem sa­tis­da­tio vo­lun­ta­ria est, non in alium lo­cum re­mit­ti­tur: ne­que enim me­re­tur qui ip­se si­bi ne­ces­si­ta­tem sa­tis­da­tio­nis im­po­suit. 2Si sa­tis­da­tum pro re mo­bi­li non sit et per­so­na su­spec­ta sit, ex qua sa­tis de­si­de­ra­tur: apud of­fi­cium de­po­ni de­be­bit si hoc iu­di­ci se­de­rit, do­nec vel sa­tis­da­tio de­tur vel lis fi­nem ac­ci­piat.

7Ulp. lib. XIV. ad Edict. Wenn man zwar einen Bürgen für tüchtig anerkennt, aber doch von ihm beibringt, dass er die Ausflucht der Incompetenz des Gerichts habe, und der Kläger fürchtet, er möchte sein Recht in Bezug auf den Gerichtsstand brauchen, so ist zu sehen, was Rechtens sei. Und der höchstselige Pius hat nach Angabe des Pomponius im Buche der Briefe, und des Marvellus im 3. Buche der Digesten, und des Papinian im 3. Buche der Quaestionen, an Cornelius Proculus rescribirt, dass der Kläger mit Recht sich weigere, einen solchen Bürgen anzunehmen; indess, wenn auf andere Wiese keine Sicherheit geleistet werden könne, so müsse er im Voraus erklären, er werde, im Fall er verklagt werde, von seinem Rechte keinen Gebrauch machen. 1Wenn die Stellung der Sicherheit eine nothwendige ist, und der Beklagte sie nicht leicht da leisten kann, wo er verklagt wird, so kann er gehört werden, wenn er bereit sein sollte, in einer andern Stadt derselben Provinz Sicherheit zu Stellen; ist aber die Stellung der Sicherheit eine freiwillige, so wird er nicht an einen andern Ort gewiesen; denn er verdient das nicht, weil er sich selbst in diese Nothwendigkeit versetzt hat. 2Ist für eine bewegliche Sache keine Sicherheit gestellt, und die Person, von der sie verlangt wird, verdächtig, so muss der Gegenstand beim niedern Gerichtspersonale niedergelegt werden, wenn dies der Richter will, bis entweder Sicherheit gestellt oder der Process beendigt ist.

8Pau­lus li­bro quar­to de­ci­mo ad edic­tum. De die po­nen­da in sti­pu­la­tio­ne so­let in­ter li­ti­ga­to­res con­ve­ni­re. si non con­ve­niat, Pe­dius pu­tat in po­tes­ta­te sti­pu­la­to­ris es­se mo­de­ra­to spa­tio: de hoc a iu­di­ce sta­tuen­do11Die Großausgabe liest sta­tuen­dum statt sta­tuen­do.. 1Qui mu­lie­rem ad­hi­bet ad sa­tis­dan­dum, non vi­de­tur ca­ve­re: sed nec mi­les nec mi­nor vi­gin­ti quin­que an­nis pro­ban­di sunt: ni­si hae per­so­nae in rem suam fi­de­iu­beant, ut pro suo pro­cu­ra­to­re. qui­dam et­iam, si a ma­ri­to fun­dus do­ta­lis pe­ta­tur, in rem suam fi­de­ius­su­ram mu­lie­rem. 2Si ser­vus in­ve­nia­tur, qui an­te­quam iu­di­cium ac­ci­pia­tur fi­de­ius­sit iu­di­ca­tum sol­vi: suc­cur­ren­dum est ac­to­ri, ut ex in­te­gro ca­vea­tur. mi­no­ri quo­que vi­gin­ti quin­que an­nis suc­cur­ren­dum est, for­tas­se et mu­lie­ri prop­ter im­pe­ritiam. 3Si fi­de­ius­sor iu­di­ca­tum sol­vi sti­pu­la­to­ri he­res ex­ti­te­rit aut sti­pu­la­tor fi­de­ius­so­ri, ex in­te­gro ca­ven­dum erit. 4Tu­tor et cu­ra­tor, ut rem sal­vam fo­re pu­pil­lo ca­veant, mit­ten­di sunt in mu­ni­ci­pium, quia ne­ces­sa­ria est sa­tis­da­tio: item de re re­sti­tuen­da do­mi­no pro­prie­ta­tis, cu­ius usus fruc­tus da­tus est: item le­ga­ta­rius, ut ca­veat evic­ta he­redi­ta­te le­ga­ta red­di, et quod am­plius per le­gem Fal­ci­diam ce­pe­rit: he­res quo­que ut le­ga­to­rum sa­tis­det au­dien­dus est, ut in mu­ni­ci­pium mit­ta­tur. pla­ne si mis­so iam le­ga­ta­rio in pos­ses­sio­nem, cum per he­redem sta­ret quo­mi­nus ca­ve­ret, he­res pos­tu­let uti de pos­ses­sio­ne de­ce­dat pa­ra­tum­que se di­cat in mu­ni­ci­pio ca­ve­re: im­pe­tra­re non de­be­bit. di­ver­sum, si si­ne cul­pa aut do­lo he­redis mis­sus sit in pos­ses­sio­nem. 5Iu­be­tur iu­ra­re de ca­lum­nia, ne quis ve­xan­di ma­gis ad­ver­sa­rii cau­sa, for­si­tan cum Ro­mae pos­sit sa­tis­da­re, in mu­ni­ci­pium evo­cet: sed qui­bus­dam hoc ius­iu­ran­dum de ca­lum­nia re­mit­ti­tur, vel­ut pa­ren­ti­bus et pa­tro­nis. sic au­tem iu­ra­re de­bet qui in mu­ni­ci­pium re­mit­ti­tur ‘Ro­mae se sa­tis­da­re non pos­se et ibi pos­se, quo pos­tu­lat re­mit­ti, id­que se non ca­lum­niae cau­sa fa­ce­re’: nam sic non est com­pel­len­dus iu­ra­re ‘ali­bi se quam eo lo­co sa­tis­da­re non pos­se’, quia si Ro­mae non pot­est, plu­ri­bus au­tem lo­cis pos­sit, co­gi­tur pe­ie­ra­re. 6Hoc au­tem tunc im­pe­tra­bi­tur, cum ius­ta cau­sa es­se vi­de­bi­tur. quid enim si, cum erat in mu­ni­ci­pio, no­luit ca­ve­re? hoc ca­su non de­bet im­pe­tra­re, cum per eum ste­te­rit, quo­mi­nus ibi, ubi ire de­si­de­rat, sa­tis­da­ret.

8Paul. lib. XIV. ad Edict. Ueber Einschaltung des Tages in die Stipulation pflegen sich die Parteien zu vereinigen; vereinigen sie sich nicht, so glaubt Pedius, die Anberaumung desselben stehe in der Gewalt dessen, der sich hat versprechen lassen, doch so, dass der Richter eine mässige Frist bestimmen müsse. 1Wer, um Sicherheit zu stellen, eine Frau braucht, von dem nimmt man an, dass er keine stelle; es sind aber auch kein Soldat, kein Mensch unter 25 Jahren für tüchtig zu erklären, es müsste denn sein, dass sie ihres eigenen Nutzens halber bürgten, z. B. für ihren Anwalt. Auch glauben einige, dass die Frau ihres eigenen Nutzens halber bürgen wird, wenn ein zu ihrer Mitgift gehöriges Grundstück von ihrem manne eingeklagt werde. 2Ist der als Sclave befunden worden, welcher vor der Einlassung auf die Klage die Bürgschaft übernommen hat, dafür, dass der condemnirte Theil richtig gehalten werden, so muss man dem Kläger zu Hülfe kommen und von neuem Sicherheit stellen lassen. Einem, welcher unter 25 Jahren ist, muss man zu Hülfe kommen, vielleicht auf Frauen, weil sie [das Recht] nicht kennen. 3Wenn Einer, der dafür bürgt, dass der verurtheilte Theil dem Urtheile Folge leisten werde, dessen, welcher sich hat versprechen lassen, Erbe geworden ist, oder dieser jenes, so muss von neuem Sicherheit gestellt werden. 4Vormund und Curator sind in eine Municipalstadt zu weisen, wenn sie ihrem Mündel Sicherheit für die Erhaltung seines Vermögens stellen, weil diese Sicherheitsstellung eine nothwendige ist. Gleichfalls, wenn sie dem Eigenthümer für die Zurückerstattung einer Sache, an welcher der Niessbrauch verstattet worden ist, gestellt werden soll. Ebenfalls der Legatar, der Sicherheit stellen soll, dass er die Legate, im Fall der Erbschaft einem Dritten gerichtlich zuerkannt sei, und das zurückgebe, was er nach dem Falcidischen Gesetz zu viel erhalten. Auch der Erbe ist zu hören, wenn er um Sicherheit für die Auszahlung der Legate zu bestellen, in die Municipalstadt gewiesen sein will. Doch wenn der Legatar schon in den provisorischen Besitz der Erbschaft gesetzt ist, weil es nur am Erben lag, dass er keine Sicherheit gestellt, und der Erbe verlangt, dass Jener diesen Besitz aufgeben solle, und sich für bereit erklärt, in der Municipalstadt Sicherheit zu bestellen, so darf seinem Gesuche nicht gewillfahrt werden. Etwas anders ist es, wenn er ohne Schuld oder Betrug des Erben in den provisorischen Besitz gesetzt worden. 5Es wird die Leistung des Eides vor Gefährde anbefohlen, damit Niemand, um den Gegner zum Besten zu haben, sich auf eine Municipalstadt berufe, wenn er vielleicht in Rom Sicherheit stellen konnte. Doch wird einigen dieser Eid vor Gefährde erlassen, z. B. Eltern und Freilassern. Wer in eine Municipalstadt gewiesen wird, muss folgendermaassen schwören: er könne zu Rom nicht Sicherheit stellen, wohl aber dort, wohin er gewiesen zu werden verlangt, und er handle so nicht aus Chicane. Denn dazu ist er nicht zu zwingen, folgendermaassen zu schwören, dass er anderswo, als wenn er es in Rom nicht kann, aber doch an mehrern andern Orten, falsch zu schwören gezwungen wird. 6Diesem Ansuchen wird man aber dann willfahren, wenn ein kräftiger Grund vorhanden zu sein scheinen wird. Denn wie, wenn er in der Municipalstadt gewesen, und keine Sicherheit hat stellen wollen? in diesem Falle darf man ihm nicht willfahren, weil es an ihm lag, dass er nicht da, wo er hin zu gehen wünscht, Sicherheit gestellt hat.

9Gaius li­bro quin­to ad edic­tum pro­vin­cia­le. Ar­bi­tro ad fi­de­ius­so­res pro­ban­dos con­sti­tu­to, si in al­ter­utram par­tem in­iquum ar­bi­trium vi­dea­tur, per­in­de ab eo at­que ab iu­di­ci­bus ap­pel­la­re li­cet.

9Gaj. lib. V. ad Edict. prov. Ist ein Schiedsrichter bestellt, um die Tüchtigkeit der Bürgen zu untersuchen, so wird, im Fall sein Urtheil gegen eine von beiden Parteien unbillig erscheine, Appellation von ihm eben so, wie von wirklichen Richtern verstattet.

10Pau­lus li­bro sep­tua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Si ab ar­bi­tro pro­ba­ti sunt fi­de­ius­so­res, pro lo­cu­ple­ti­bus ha­ben­di sunt, cum po­tue­rit que­rel­la ad com­pe­ten­tem iu­di­cem de­fer­ri, qui ex cau­sa im­pro­bat ab ar­bi­tro pro­ba­tos, alias im­pro­ba­tos pro­bat: 1mul­to­que ma­gis, si sua vo­lun­ta­te ac­ce­pit fi­de­ius­so­res, con­ten­tus his es­se de­bet. quod si me­dio tem­po­re ca­la­mi­tas fi­de­ius­so­ri­bus in­sig­nis vel mag­na in­opia ac­ci­dit, cau­sa co­gni­ta ex in­te­gro sa­tis­dan­dum erit.

10Paul. lib. LXXV. ad Edict. Sind die Bürgen vom Schiedsrichter für tüchtig befunden worden, so sind sie für reich zu halten, weil Beschwerde darüber vor dem competenten Richter geführt werden konnte, der aus Gründen bald die vom Schiedsrichter für tüchtig befundenen verwirft, bald von diesem verworfene für tüchtig befindet; 1und um so mehr muss man mit den Bürgern zufrieden sein, wenn man sie mit seinem eigenen Willen angenommen. Wenn in der Zwischenzeit die Bürgen ein bedeutendes Unglück oder ein grosser Mangel überfällt, so muss man, nach vorläufiger Untersuchung der Sache, von neuem Sicherheit stellen.

11Ul­pia­nus li­bro sep­tua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Iu­lia­nus ait, si an­te, quam11Die Großausgabe liest an­te­quam statt an­te, quam. man­da­rem ti­bi ut fun­dum pe­te­res, sa­tis ac­ce­pe­ris pe­ti­tu­rus fun­dum et post­ea man­da­tu meo age­re in­sti­tue­ris, fi­de­ius­so­res te­ne­ri.

11Ulp. lib. LXXV. ad Edict. Julian sagt, dass, wenn du, bevor ich dir Auftrag gegeben, ein Grundstück einzuklagen, dir hast Sicherheit stellen lassen, als wolltest du das Grundstück einklagen, und nachher auf meinen Auftrag die Klage anzustellen angefangen hast, die Bürgen haften würden.

12Idem li­bro sep­tua­gen­si­mo sep­ti­mo ad edic­tum. In­ter om­nes con­ve­nit he­redem sub con­di­cio­ne, pen­den­te con­di­cio­ne pos­si­den­tem he­redi­ta­tem, sub­sti­tu­to ca­ve­re de­be­re de he­redi­ta­te, et, si de­fe­ce­rit con­di­cio, ad­eun­tem he­redi­ta­tem sub­sti­tu­tum et pe­te­re he­redi­ta­tem pos­se et, si op­ti­nue­rit, com­mit­ti sti­pu­la­tio­nem. et ple­rum­que ip­se prae­tor et an­te con­di­cio­nem ex­is­ten­tem et an­te diem pe­ti­tio­nis ve­nien­tem ex cau­sa iu­be­re so­let sti­pu­la­tio­nem in­ter­po­ni.

12Idem lib. LXXVII. ad Edict. Alle kommen darin überein, dass ein unter einer [aufschiebenden] Bedingung eingesetzter Erbe, welcher, während dass der Eintritt der Bedingung noch ungewiss ist, die Erbschaft besitzt, dem substituirten Erben in Betreff der Erbschaft Sicherheit stellen müsse, und dass, wenn die Bedingung wegfiel, der substituirte nach Antritt der Erbschaft dieselbe einklagen könne, und wenn er die Oberhand behalten, die Stipulation klagbar werde. Gewöhnlich pflegt der Prätor selbst auch vor Eintritt der Bedingung und vor dem Ablaufe der Zeit, welche die Klagbarkeit bedingt, aus Gründen anzubefehlen, dass die Stipulation geleistet werden solle.

13Pau­lus li­bro sep­tua­gen­si­mo quin­to ad edic­tum. Sed et si plu­res sub­sti­tu­ti sint, sin­gu­lis ca­ven­dum est.

13Paul. lib. LXXV. ad Edictum. Aber auch, wenn Mehrere substituirt sind, ist den Einzelnen Sicherheit zu leisten.

14Idem li­bro se­cun­do re­spon­so­rum. Fi­lius fa­mi­lias de­fen­dit ab­sen­tem pa­trem: quae­ro an iu­di­ca­tum sol­vi sa­tis­da­re de­beat. Pau­lus re­spon­dit eum qui ab­sen­tem de­fen­dit, et­iam si fi­lius vel pa­ter sit, sa­tis­da­re pe­ti­tu­ro ex for­ma edic­ti de­be­re.

14Idem lib. II. Responsorum. Ein Haussohn vertheidigt vor Gericht seinen abwesenden Vater: ich frage, ob er Sicherheit stellen müsse, dass das, wozu man ihn verurtheilen werde, bezahlt werde? Paulus antwortete, dass der, welcher einen Abwesenden gerichtlich vertheidigt, auch wenn er Sohn oder Vater sei, nach Vorschrift des Edicts dem, welcher klagen will, Sicherheit leisten müsse.

15Ma­cer li­bro pri­mo de ap­pel­la­tio­ni­bus. Scien­dum est pos­ses­so­res immo­bi­lium re­rum sa­tis­da­re non com­pel­li. 1Pos­ses­sor au­tem is ac­ci­pien­dus est, qui in agro vel ci­vi­ta­te rem so­li pos­si­det aut ex as­se aut pro par­te. sed et qui vec­ti­ga­lem, id est em­phy­teu­ti­cum agrum pos­si­det, pos­ses­sor in­tel­le­gi­tur. item qui so­lam pro­prie­ta­tem ha­bet, pos­ses­sor in­tel­le­gen­dus est. eum ve­ro, qui tan­tum usum fruc­tum ha­bet, pos­ses­so­rem non es­se Ul­pia­nus scrip­sit. 2Cre­di­tor, qui pig­nus ac­ce­pit, pos­ses­sor non est, tam­et­si pos­ses­sio­nem ha­beat aut si­bi tra­di­tam aut pre­ca­rio de­bi­to­ri con­ces­sam. 3Si fun­dus in do­tem da­tus sit, tam uxor quam ma­ri­tus prop­ter pos­ses­sio­nem eius fun­di pos­ses­so­res in­tel­le­gun­tur. 4Di­ver­sa cau­sa est eius, qui fun­di pe­ti­tio­nem per­so­na­lem ha­bet. 5Tu­to­res, si­ve pu­pil­li eo­rum si­ve ip­si pos­si­deant, pos­ses­so­rum lo­co ha­ben­tur: sed et si unus ex tu­to­ri­bus pos­ses­sor fuit, idem di­cen­dum erit. 6Si fun­dum, quem pos­si­de­bam, a me pe­tie­ris, de­in­de cum se­cun­dum te es­set iu­di­ca­tum, ap­pel­la­ve­rim: an pos­ses­sor eius­dem fun­di sim? et rec­te di­ce­tur pos­ses­so­rem me es­se, quia ni­hi­lo­mi­nus pos­si­deo, nec ad rem per­ti­net, quod evin­ci mi­hi ea pos­ses­sio pos­sit. 7Pos­ses­sor au­tem quis nec ne fue­rit, tem­pus cau­tio­nis spec­tan­dum est: nam sic­uti ei, qui post cau­tio­nem pos­ses­sio­nem ven­di­dit, ni­hil ob­est, ita nec prod­est ei, qui post cau­tio­nem pos­si­de­re coe­pit.

15Macer lib. I. de Appellationibus. Man muss wissen, dass ansässige Personen zur Stellung von Sicherheit nicht angehalten werden. 1Ad Dig. 2,8,15,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 154, Note 7.Für ansässig muss man aber den nehmen, welcher auf einer Flur oder in einer Stadt ein Grundstück besitzt, entweder ganz, oder nur zum Theil. Aber auch, wer einen zinsbaren Acker, d. h. ein Erbzinsgut besitzt, wird für ansässig angesehen. Ingleichen wer nur das blosse Eigenthum ohne das Recht, Nutzungen daraus zu ziehen, hat, muss für ansässig angesehen werden. Der aber, welcher nur das Recht des Nutzniessers hat, ist nicht ansässig, wie Ulpian geschrieben. 2Ein Gläubiger, der ein Pfand erhalten hat, ist nicht ansässig, wenn er gleich den Besitz hat, der ihm entweder übergeben, oder dem Schuldner bittweise überlassen worden ist. 3Wenn ein Grundstück zur Mitgift gegeben worden, wird sowohl die Frau als der Mann wegen Besitz diese Grundstückes für ansässig angesehen. 4Verschieden ist die Lage dessen, der eine persönliche Klage auf ein Grundstück hat. 5Vormünder, es mögen nun ihre Mündel oder sie selbst besitzen, werden für ansässig angesehen. Aber auch, wenn nur einer von den Vormündern ansässig war, muss man dasselbe sagen. 6Hast du ein Grundstück, welches ich besass, von mir verlangt, und ich darauf, als der Streit zu deinen Gunsten entschieden worden, appellirt; bin ich dann Besitzer dieses Grundstücks? und ich werde mit Recht Besitzer genannt werden, weil ich es nichts desto weniger besitze, und es nicht zur Sache gehört, dass mir ein besseres Recht eines Zweiten in diesem Besitzthume nachgewiesen werden könnte. 7Bei Entscheidung der Frage, ob Jemand ansässig gewesen sei oder nicht, muss der Zeitpunkt der Stellung der Sicherheit in Obacht genommen werden. Denn sowie dem, welcher nach der Sicherheitsstellung den Besitz verkauft hat, dies nichts schadet, so nützt es dem auch nichts, welcher nach der Stellung der Sicherheit erst zu besitzen angefangen hat.

16Pau­lus li­bro sex­to ad edic­tum. Qui iu­ra­to pro­mi­sit iu­di­cio sis­ti, non vi­de­tur pe­ie­ras­se, si ex con­ces­sa cau­sa hoc de­se­rue­rit.

16Paul. lib. VI. ad Edict. Wer eidlich sein Versprechen, sich vor Gericht zu stellen, bestärkt hat, scheint nicht falsch geschworen zu haben, wenn er aus einem erlaubten Grunde sein Versprechen gebrochen hat.