Liber secundus
XI.
Si quis cautionibus in iudicio sistendi causa factis non obtemperaverit
(Wenn Jemand dem geleisteten Versprechen, sich vor Gerichte zu stellen, nicht nachgekommen ist.)
1Gaius libro primo ad edictum provinciale. Vicena milia passuum in singulos dies dinumerari praetor iubet praeter eum diem, quo cautum promittitur, et in quem sistere in iudicium oportet. nam sane talis itineris dinumeratio neutri litigatorum onerosa est.
1Gaj. lib. I. ad Edictum prov. Zwanzigtausend Schritte sollen auf Befehl des Prätors auf jeden einzelnen Tag gerechnet werden, mit Ausnahme dessen, wo das Versprechen geleistet worden, und dessen, an welchem man sich vor Gericht stellen soll. Denn eine solche Berechnung des Weges ist keiner der Parteien lästig.
2Ulpianus libro septuagensimo quarto ad edictum. Non exigimus reum iudicio sisti, si negotium, propter quod iudicio sisti promisit, fuerit transactum: sed hoc ita, si prius id negotium transactum sit, quam sisti oporteret. ceterum si postea transactum est, exceptio doli opponi debet: quis enim de poena promissa laborat post negotium transactum? cum etiam transacti negotii exceptionem putaverit quis nocere, quasi etiam de poena transactum sit, nisi contrarium specialiter partibus placuerit. 1Si quis municipalis muneris causa sine suo dolo malo impeditus in iudicio secundum suam promissionem non stetit, aequissimum est tribui ei exceptionem. 2Simili modo et si ad testimonium desideratus ad iudicium occurrere non potuit, erit ei subveniendum. 3Si quis iudicio se sisti promiserit et valetudine vel tempestate vel vi fluminis prohibitus se sistere non possit, exceptione adiuvatur, nec immerito. cum enim in tali promissione praesentia opus sit, quemadmodum potuit se sistere qui adversa valetudine impeditus est? et ideo etiam lex duodecim tabularum, si iudex vel alteruter ex litigatoribus morbo sontico impediatur, iubet diem iudicii esse diffisum. 4Si non propter valetudinem mulier non steterit iudicio, sed quod gravida erat, exceptionem ei dandam Labeo ait: si tamen post partum decubuerit, probandum erit quasi valetudine impeditam. 5Idem est et si quis furere coeperit: nam qui furore impeditur, valetudine impeditur. 6Quod diximus succurri etiam ei, qui tempestate aut vi fluminis prohibitus non venit, tempestatem sic intellegere debemus, sive maritima sive terrestris sit. tempestatem intellegere debemus talem, quae impedimento sit itineri vel navigationi. 7Vis fluminis etiam sine tempestate accipienda est: vim fluminis intellegimus, et si magnitudo eius impedimento sit sive pons solutus sit vel navigium non stet. 8Si quis tamen cum posset non incidere in tempestatem vel in fluminis vim, si ante profectus esset vel tempore opportuno11Die Großausgabe liest oportuno statt opportuno. navigasset, ipse se artaverit: numquid exceptio ei minime prosit? quod quidem causa cognita erit statuendum. nam neque sic artandus sit, ut possit ei dici, cur non multo ante profectus est quam dies promissionis veniret: neque iterum permittendum ei, si quid sit quod ei imputetur, causari tempestatem vel vim fluminis. quid enim si quis, cum Romae esset ipso tempore promissionis sistendi, nulla necessitate urguente voluptatis causa in municipium profectus sit? nonne indignus est, cui haec exceptio patrocinetur? aut quid si tempestas quidem in mari fuit, terra autem iste potuit venire: vel flumen circumire? aeque dicendum non semper ei exceptionem prodesse: nisi angustiae non patiebantur terra iter metiri vel circumire. cum tamen vel flumen sic abundasset, ut implesset omnem locum, in quo sisti oportuit, vel aliqua fortuita calamitas eundem locum evertit vel praesentiam venienti periculosam fecit, ex bono et aequo et hic exceptio ei accommodanda est. 9Simili modo exceptio datur ei, qui cum ad iudicium venire volebat, a magistratu retentus est, et retentus sine dolo malo ipsius: nam si ipse hoc affectavit vel causam praestitit, non ei proderit exceptio: sed ipsius quidem dolus ei oberit, ceterorum non oberit, qui dolo fecerunt ut retineretur. sed si privatus eum detinuerit, nullo modo ei proderit haec exceptio,
2Ulp. lib. LXXIV. ad Edictum. Wir erheischen nicht, dass sich der Beklagte vor Gericht stelle, wenn das Geschäft, weshalb er sich vor Gericht zu stellen versprochen, durch Vergleich beseitigt worden; aber dies nur unter der Bedingung, wenn früher das Geschäft beseitigt worden, als er sich vor Gericht stellen konnte. Uebrigens wenn erst nachher der Vergleich abgeschlossen worden, muss die Einrede des bösen Vorsatzes vorgeschützt werden. Denn wer bekümmert sich nach Vergleich über das Geschäft um die versprochene Strafsumme, da man ja annehmen kann, dass schon die Einrede des geschlossenen Vergleichs schade, als ob man nämlich zugleich auch über die Strafsumme sich verglichen habe, es müsste denn das Gegentheil von den Parteien besonders ausgemacht worden sein. 1Wenn Jemand durch ein Amt, welches ihm als Bürger einer Municipalstadt zukommt, ohne eigne böse Absicht verhindert, sich seinem Versprechen gemäss nicht vor Gericht gestellt hat, so scheint es am billigsten, ihm eine Einrede zu gestatten. 2Auf ähnliche Weise wird dem, welcher zu Ablegung eines Zeugnisses gerufen, nicht beim Gerichte gegenwärtig sein konnte, geholfen werden müssen. 3Wenn Jemand versprochen, sich vor Gericht zu stellen, und durch Krankheit oder schlechtes Wetter oder Gewalt des Flusses verhindert, sich nicht stellen kann, so wird er mit einer Einrede unterstützt; und nicht mit Unrecht. Denn da bei einem solchen Versprechen die Gegenwart nothwendig ist, wie hätte der sich stellen können, der durch Krankheit verhindert worden? Und deshalb sagt auch das Gesetz der zwölf Tafeln, dass, wenn der Richter oder die eine von den streitenden Parteien durch gefährliche Krankheit verhindert werde, der gerichtliche Termin aufgehoben sein solle. 4Wenn sich eine Frau nicht wegen Krankheit, sondern weil sie schwanger war, nicht gestellt hat, so sagt Labeo, dass ihr eine Exception gegeben werden müsse; wenn sie nach der Niederkunft sich gelegt hat, so ist es so zu nehmen, als wäre sie durch Krankheit verhindert worden. 5Dasselbe findet Statt, wenn Jemand wahnsinnig zu sein angefangen hat. Denn wer durch Wahnsinn verhindert wird, wird durch Krankheit verhindert. 6Was wir gesagt haben, dass man auch dem Hülfe gewähre, der durch schlechtes Wetter oder Gewalt des Flusses verhindert, nicht gekommen sei, anbelangend, so müssen wir schlechtes Wetter von dem zu Lande oder zur See verstehen, welches von der Art ist, dass es Landreisen oder der Schifffahrt hinderlich sei. 7Unter Gewalt des Flusses muss man aber auch schlechtes Wetter verstehen; wir nehmen an, dass sie vorhanden, auch wenn des Flusses Grösse hinderlich ist, sei es, dass die Brücke zerstört sei, oder das Schiff mit fortgerissen worden. 8Wenn Einer jedoch schlechtes Wetter oder Gewalt des Flusses hätte vermeiden können, wenn er früher fortgereist wäre, oder sich zu einer bequemern Zeit eingeschifft hätte, und sich so selbst in die Enge getrieben, soll ihm dann wohl die Einrede nichts helfen? Darüber nun muss nach vorläufiger Untersuchung der Sache geurtheilt werden: denn man darf ihn wohl nicht so einengen, dass ihm gesagt werden könne, warum er nicht lange vorher gereist sei, als er Tag des Versprechens gekommen; und ihm ebenfalls nicht erlauben, die Schuld auf schlechtes Wetter und Gewalt des Flusses zu schieben, wenn Grund vorhanden ist, es ihm auf seine Rechnung zu setzen. Denn wie, wenn Jemand, welcher zu Rom war, zur Zeit, wo das Versprechen sich zu stellen, abgelegt worden, in Rom war, und nachher, ohne dass es die Nothwendigkeit erheischte, nur des Vergnügens halber sich in eine Municipalstadt begab: ist der nicht unwürdig, dass die Einrede für ihn spreche? Oder wie, wenn schlecht Wetter zu Wasser war, und er zu Lande kommen oder die Gewalt des Flusses umgehen konnte? Man muss sagen, dass ihm nicht immer die Einrede helfe, es müsste denn sein, dass die Engpässe ihn nicht zu Lande reisen oder den Fluss umgehen liessen. Wenn jedoch der Fluss so ausgetreten ist, dass er den ganzen Ort, wo er sich stellen sollte, anfüllt, oder irgend ein zufälliges Unglück denselben Ort zerstört hat, oder dem Kommenden es gefährlich gemacht, sich zu nähern, so muss ihm hier aus Milde und Billigkeit die Einrede verstattet werden. 9Auf ähnliche Weise wird die Einrede dem gestattet, welcher, als er vor Gericht kommen wollte, von der Obrigkeit zurückgehalten worden ist, und zwar ohne seinen eigenen bösen Vorsatz; denn wenn er sich selbst darum bemüht oder die Ursache dazu an die Hand gegeben hat, wird ihm die Einrede nichts helfen, sondern sein böser Vorsatz ihm Schaden bringen; nicht aber der der übrigen, die in demselben so gehandelt haben, dass er zurückgehalten wurde. Aber wenn ein Privatmann ihn abgehalten hat, wird ihm diese Einrede nicht zu Statten kommen,
3Paulus libro sexagensimo nono ad edictum. sed actio ei datur adversus eum qui detinuit in id quod eius interest.
3Paul. lib. LXIX. ad Edictum. sondern gegen den, welcher ihn abgehalten, wird ihm eine Klage auf soviel gestattet, als sein Interesse beträgt.
4Ulpianus libro septuagensimo quarto ad edictum. Sed et si quis rei capitalis ante condemnatus iudicio sistere se non potuit, merito huic ignoscitur: rei capitalis condemnatum accipere debemus, qui morte exiliove coercitus est. dixerit aliquis, quo ergo haec exceptio damnato? sed respondebitur fideiussoribus eius esse necessariam: aut si forte in exilium salva civitate abiit, ubi defensori eius exceptio ista proderit. 1Illud sciendum est eum, qui idcirco non stetit, quia capitis reus factus est, in ea causa esse, ut exceptione uti non possit: damnato enim datur. plane si vinculis vel custodia militari impeditus ideo non stetit, in ea erit causa, ut exceptione utatur. 2Praeterea si funere quis domestico impeditus non venit, debet ei exceptio dari. 3Item si quis in servitute hostium fuerit ac per hoc in iudicium non stetit, debet exceptione adiuvari. 4Quaesitum est, an possit conveniri, ne ulla exceptio in promissione deserta iudicio sistendi causa facta obiciatur: et ait Atilicinus conventionem istam non valere. sed ego puto conventionem istam ita valere, si specialiter causae exceptionum expressae sint, quibus a promissore sponte renuntiatum est. 5Item quaeritur, si quis, cum iudicio sistendi causa satisdare non deberet, satisdato promiserit, an fideiussoribus eius exceptio detur. puto interesse, utrum per errorem satisdato promissum est an ex conventione: si per errorem, dandam fideiussoribus exceptionem: si ex conventione, minime dandam. nam et Iulianus scribit, si iudicio sistendi causa pluris quam statutum est per ignorantiam promissum fuerit, exceptionem dari debere: si autem ex conventione tantae summae promissio facta sit, exceptionem pacti conventi replicatione infirmandam Iulianus ait.
4Ulp. lib. LXXIV. ad Edict. Aber auch wenn Jemand, weil er vorher zu hoher Strafe (res capitalis) verurtheilt worden, sich vor Gericht nicht stellen konnte, so wird diesem mit Recht verziehen. Zu hoher Strafe verurtheilt muss man von dem verstehen, welcher mit dem Tode oder mit Verbannung bestraft worden ist. Es möchte Jemand sagen: wozu also diese Ausflucht für den Verurtheilten? Aber man wird antworten, dass sie seinen Bürgen nothwendig sei, oder wenn er vielleicht ohne Verlust des Bürgerrechts in die Verbannung sich begeben hat, in welchem Falle seinem Vertheidiger vor Gericht diese Einrede helfen wird. 1Das muss man wissen, dass der, welcher sich deshalb nicht gestellt hat, weil er nur eines mit hoher Strafe belegten Verbrechens angeklagt worden, sich in den Umständen befinde, dass er von der Einrede keinen Gebrauch machen kann; denn nur dem Verurtheilten wird sie gestattet. Allerdings, wenn er durch Bande oder militärische Bewachung verhindert, sich deshalb nicht gestellt hat, wird er in den Umständen sein, dass er von der Einrede Gebrauch machen kann. 2Ausserdem wenn Jemand, durch einen sein Haus betreffenden Todesfall verhindert, nicht gekommen ist, so muss ihm die Einrede verstattet werden. 3Ebenfalls wenn er in der Sclaverei der Feinde war, und deshalb sich vor Gericht nicht gestellt, muss er mit der Einrede unterstützt werden. 4Man hat die Frage aufgeworfen, ob man darüber übereinkommen könne, dass im Fall der Verletzung des Versprechens, sich vor Gericht zu stellen, gar keine Einrede entgegengesetzt werde? Und Atilicinus sagt, dass diese Uebereinkunft nicht von Kraft sei. Aber ich glaube doch, dass diese Uebereinkunft unter der Bedingung von Kraft sei, wenn die Gründe der Einrede besonders angegeben werden, welchen der versprechende Theil freiwillig entsagt hat. 5Ebenfalls fragt es sich, ob, wenn Jemand ohne für das sich vor Gerichtstellen Sicherheit machen zu müssen, unter Stellung von Sicherheit versprochen hat, seinen Bürgen die Einrede gestattet werde? Ich glaube, es sei ein Unterschied, ob er aus Irrthum oder Uebereinkunft, unter Stellung von Sicherheit, das Versprechen geleistet. Wenn aus Irrthum, so müsse wohl seinen Bürgen die Einrede verstattet werden; wenn aus Uebereinkunft, gar nicht. Denn auch Julian schreibt, dass, wenn Jemand des vor Gericht sich Stellens halber mehr als bestimmt ist, aus Unwissenheit versprochen habe, ihm die Einrede zu gestatten sei, wenn aber aus Uebereinkunft das Versprechen auf eine so hohe Summe geleistet worden, so sagt Julian, dass die Einrede durch die Gegenrede der getroffenen Uebereinkunft entkräftet werden müsse.
5Paulus libro sexagensimo nono ad edictum. Si duo rei stipulandi sint et uni debitor iudicio se sisti cum poena promiserit, alter autem impedierit: ita demum exceptio adversus alterum danda est, si socii sint: ne prosit ei dolus propter societatem. 1Item si duo rei promittendi sint et unus ad iudicium non venerit contempta sua promissione iudicio sistendi causa facta, actor autem ab altero rem petat, ab altero poenam desertionis: petendo poenam exceptione summovebitur. 2Aeque si a patre facta fuerit promissio iudicio sistendi gratia ex filii contractu, deinde de re actor egerit cum filio, exceptione summovebitur, si cum patre ex eius promissione agat. et contra idem erit, si filius promiserit et actor egerit cum patre de peculio.
5Paul. lib. LXIX. ad Edict. Wenn zwei zusammen sich etwas haben versprechen lassen (si duo rei stipulandi sunt) und dem einen der Schuldner unter einer Conventionalstrafe versprochen, sich vor Gericht zu stellen, der andere aber ihn daran verhindert hat, so ist die Einrede gegen den einen erst in dem Falle zu gestatten, wenn sie in Verhältnissen des Gesellschaftscontracts mit einander stehen, damit ihm jener böse Vorsatz wegen des bestehenden Gesellschaftscontracts nichts nütze. 1Ebenfalls wenn Zwei zusammen versprochen haben, und Einer vor dem Gerichte nicht erschien, weil er auf sein gethanes Versprechen, sich vor Gericht zu stellen, nichts gegeben, und der Kläger die Sache vom Einen fordert, vom Andern die Strafe der Nichterfüllung seines Versprechens, so wird er bei der Einforderung der Strafe durch eine Einrede ausgeschlossen werden. 2Eben so, wenn vom Vater aus einem Contracte des Sohnes das Versprechen geleistet worden, sich vor Gericht zu stellen, und der Kläger nachher den Sohn verklagt hat, wird er durch eine Einrede ausgeschlossen werden, wenn er gegen den Vater aus dessen Versprechen klagt. Und wiederum wird dasselbe Statt finden, wenn der Sohn das Versprechen gethan, und der Kläger gegen den Vater auf das Sondergut klagt.
6Gaius libro primo ad legem duodecim tabularum. Si is qui fideiussorem dedit ideo non steterit, quod rei publicae causa afuit: iniquum est fideiussorem ob alium necessitate sistendi obligatum esse, cum ipsi liberum esset non sistere.
6Gaj. lib. V. ad Legem. XII. tabul. Wenn der, welcher einen Bürgen aufgebracht, deshalb sich nicht gestellt hat, weil er in einer öffentlichen Angelegenheit abwesend gewesen, so ist es unbillig, dass der Bürge wegen eines Andern verbindlich sei, ihn zu stellen, da es diesem selbst frei stand, sich nicht zu stellen.
7Paulus libro sexagensimo nono ad edictum. Si quis servum in iudicio sisti promiserit vel alium qui in aliena potestate est, isdem exceptionibus utitur, quibus si pro libero vel patre familias fideiussit, praeterquam si rei publicae causa abesse diceretur servus: nam servus rei publicae causa abesse non potest. praeter hanc autem exceptionem ceterae, quia communes sunt, tam in libero homine quam in servo locum habent.
7Paul. lib. LXIX. ad Edict. Hat Jemand versprochen, dass ein Sclave, oder ein Anderer, welcher in fremder Gewalt steht, sich vor Gericht stellen werde, so macht er von derselben Einrede Gebrauch, die er dann, wenn er für einen Freien oder Familienvater sich verbürgt, hätte brauchen können; mit Ausnahme der, wenn man sagen wollte, der Sclave wäre in öffentlichen Angelegenheiten abwesend; denn ein Sclave kann nicht in öffentlichen Angelegenheiten abwesend sein. Die übrigen Einreden, ausser dieser einzigen, finden eben sowohl bei freien Menschen, als bei Sclaven Statt, weil sei gemeinschaftlich sind.
8Gaius libro vicensimo nono ad edictum provinciale. Et si post tres aut quinque pluresve dies, quam iudicio sisti se reus promisit, secum agendi potestatem fecerit nec actoris ius ex mora deterius factum sit, consequens est dici defendi eum debere per exceptionem.
8Gaj. lib. XXIX. ad Edictum prov. Und wenn drei oder fünf oder mehrere Tage nachher, als der Beklagte sich vor Gericht zu stellen versprochen hat, dieser Gelegenheit verschafft, mit sich zu verhandeln, und des Klägers Recht durch den Verzug nicht verschlechtert worden ist, so ist es passend zu sagen, dass er durch die Einrede geschützt werden müsse.
9Ulpianus libro septuagensimo septimo ad edictum. Si servus iudicio se sisti promittat, non committitur stipulatio neque in eum neque in fideiussores eius. 1Si plurium servorum nomine iudicio sistendi causa una stipulatione promittatur, poenam quidem integram committi, licet unus status non sit, Labeo ait, quia verum sit omnes statos non esse: verum si pro rata unius offeratur poena, exceptione doli usurum eum, qui ex hac stipulatione convenitur.
9Ulp. lib. LXXVII. ad Edict. Wenn ein Sclave verspricht, sich vor Gericht zu stellen, so wird die Stipulation nie klagbar, weder gegen ihn, noch gegen seine Bürgen. 1Wenn in einer Stipulation mehrerer Sclaven halber versprochen wird, dass sie vor Gericht gestellt werden, so sagt Labeo, dass man der Strafe schon dann im Ganzen verfalle, wenn nur Einer nicht gestellt worden ist, weil es wahr sei, dass sie nicht alle gestellt worden. Aber wenn für den Antheil des einen die Strafe erlegt werde, so möge der, welcher aus dieser Stipulation verklagt wird, von der Einrede der bösen Absicht Gebrauch machen.
10Paulus libro primo ad Plautium. Si eum iudicio sisti promisero, qui iam tempore liberatus esse dicebatur, quia iam actione forte non tenebatur: actio in me danda est, ut vel exhibeam eum vel defendam, ut veritas inquiratur. 1Homo sisti promissus ante diem dolo promissoris periit: certo iure utimur non ante poenam peti posse, quam dies venerit: tota enim stipulatio in diem collata videtur. 2Qui iniuriarum acturus est, stipulatus erat ante litem contestatam ut adversarius suus iudicio sistat: commissa stipulatione mortuus est. non competere heredi eius ex stipulatu actionem placuit, quia tales stipulationes propter rem ipsam darentur, iniuriarum autem actio heredi non competit. quamvis enim haec stipulatio iudicio sistendi causa facta ad heredem transeat, tamen in hac causa danda non est: nam et defunctus si vellet omissa iniuriarum actione ex stipulatu agere, non permitteretur ei. idem dicendum esse et si is, cum quo iniuriarum agere volebam, stipulatione tali commissa decesserit: nam non competit mihi adversus heredem eius ex stipulatu actio, et hoc Iulianus scribit. secundum quod et si fideiussores dati erant, minime dabitur in eos actio mortuo reo. idem Pomponius, si non post longum tempus decesserit: quia si ad iudicium venisset, litem cum eo contestari actor potuisset.
10Paul. lib. I. ad Plautium. Wenn ich versprochen habe, dass der sich vor Gericht stellen werde, welcher schon durch Ablauf der Zeit befreit sein sollte; vielleicht weil schon nicht mehr die Klage gegen ihn Statt finden konnte, so ist eine Klage gegen mich dahin zu gestatten, dass ich ihn entweder stelle oder gerichtlich vertheidige, damit die Wahrheit untersucht werde. 1Ad Dig. 2,11,10,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 285, Note 2.Ein Sclave, der dem Versprechen nach gestellt werden sollte, starb vor dem Termine durch bösen Vorsatz dessen, welcher es versprochen. Wir machen hier von dem festen Rechtssatze Gebrauch, dass die Strafe nicht eher verlangt werden könne, als bis der Termin gekommen: denn die ganze Stipulation scheint vom Eintritt desselben Tages abhängig gemacht zu sein. 2Es wollte Einer eine Injurienklage anstellen, und hatte sich vor der Einlassung auf die Klage versprechen lassen, dass sein Gegner sich vor Gericht stellen werde; nachdem die Stipulation klagbar geworden, ist er gestorben; für diesen Fall hat man die Meinung aufgestellt, dass seinem Erben nicht die Klage aus der Stipulation zustehe, weil solche Stipulationen nur in Bezug auf den Gegenstand des Processes selbst geleistet würden, die Injurienklage aber dem Erben nicht zustehe; denn obgleich diese des sich vor Gerichtstellens halber geleistete Stipulation auf den Erben übergeht, so ist [die Klage] doch in diesem Falle ihm nicht zu gestatten; denn auch der Gestorbene würde, wenn er die Injurienklage unterlassen, und nur aus der Stipulation hätte klagen wollen, keine Erlaubniss dazu erhalten haben. Dasselbe ist auch dann zu sagen, wenn der, gegen welchen ich aus Injurien klagen wollte, nachher gestorben ist, als eine solche Stipulation klagbar geworden. Denn es steht mir nicht gegen seinen Erben die Klage aus der Stipulation zu. Und dies schreibt auch Julian; demzufolge auch, wenn Bürgen gestellt worden, und der Beklagte gestorben ist, niemals gegen sie die Klage gestattet werden wird. Eben so schreibt Pomponius, jedoch unter der Bedingung, dass er nicht lange Zeit nachher gestorben sei, weil der Kläger, wenn jener vor Gericht gekommen wäre, mit ihm sich hätte einlassen können.
11Ulpianus libro quadragensimo septimo ad Sabinum. Si quis quendam in iudicio sisti promisit11Die Großausgabe liest promiserit statt promisit., in eadem causa eum debet sistere. in eadem autem causa sistere hoc est ita sistere, ut actori persecutio loco deteriori non sit, quamvis exactio rei possit esse difficilior. licet enim difficilior exactio sit, tamen dicendum est videri in eadem causa eum stetisse: nam et si novum aes alienum contraxisset vel pecuniam perdidisset, videtur tamen in eadem causa stetisse: ergo et qui alii iudicatus sistitur, in eadem causa stare videtur.
11Ulp. lib. XLVII. ad Sabin. Wenn Jemand versprochen hat, es werde irgend einer sich vor Gericht stellen, so muss er ihn unter denselben Umständen stellen. Unter denselben Umständen stellen heisst, so stellen, dass dem Kläger sein Klagrecht nicht verschlechtert werde, wenn gleich vielleicht die Beitreibung der streitigen Sache schwerer gemacht sein könnte. Denn wenn gleich die Beitreibung schwerer ist, so muss man doch sagen, dass er ihn unter denselben Umständen gestellt zu haben scheine; hat er nämlich gleich neue Schulden gemacht, oder Geld durchgebracht, so scheint er doch unter denselben Umständen gestellt worden zu sein. Also scheint auch der, welcher einem Andern zu einer Leistung verurtheilt worden und gestellt wird, unter denselben Umständen gestellt zu werden.
12Paulus libro undecimo ad Sabinum. Qui autem novo privilegio utitur, non videtur in eadem causa sisti. 1Illud tenendum est, quod aestimationem eius quod intersit agentis ad illud tempus referendum est, quo sisti debuit, non ad id, quo agitur, quamvis desierit eius interesse.
12Paul. lib. XI. ad Sabin. Wer aber von einem kürzlich ertheilten Privilegium Gebrauch macht, der scheint nicht unter denselben Umständen gestellt zu werden. 1Daran muss man sich halten, dass die Würderung dessen, was des Klägers Interesse ausmacht, auf jene Zeit gerichtet werde, wo er sich hat stellen sollen; nicht auf die, wo die Klage angestellt wird, obgleich sein Interesse da vielleicht ganz aufgehört hat.
13Iulianus libro quinquagensimo quinto digestorum. Quotiens servus iudicio sistendi causa ut ipse litigaturus vel ab alio stipulatur vel ipse promittit: nec committitur stipulatio nec fideiussores tenentur, quia servus conveniri vel convenire non potest.
13Julian. lib. LV. Digestorum. So oft ein Sclave sich von einem Andern ein Versprechen in Bezug auf das sich vor Gerichtsstellen leisten lässt, oder leistet, als wollte er selbst die Rolle einer Partei übernehmen, so wird weder die Stipulation klagbar, noch sind die Bürgen verbindlich, weil ein Sclave weder verklagt werden, noch klagen kann.
14Neratius libro secundo membranarum. Si procurator ita stipulatus est, ut sistat dumtaxat eum quem stipularetur, non etiam poenam si status non esset stipularetur: propemodum nullius momenti est ea stipulatio, quia procuratoris, quod ad ipsius utilitatem pertinet, nihil interest sisti. sed cum alienum negotium in stipulando egerit, potest defendi non procuratoris, sed eius cuius negotium gesserit utilitatem in ea re spectandam esse: ut quantum domini litis interfuit sisti, tantum ex ea stipulatione non stato reo procuratori debeatur. eadem et fortius adhuc dici possunt, si procurator ita stipulatus esset ‘quanti ea res erit’: ut hanc conceptionem verborum non ad ipsius, sed ad domini utilitatem relatam interpretemur.
14Neratius. lib. II. Membranarum. Hat ein Anwalt sich versprechen lassen, dass man den, welcher Gegenstand der Stipulation ist, stellen werde, ohne sich eine Strafe für den Fall, dass er sich nicht gestellt hätte, ausbedungen zu haben, so ist diese Stipulation von fast gar keiner Wirkung, weil, anlangend den Nutzen des Anwaltes, dieser kein Interesse daran hat, dass er sich stelle. Wenn er aber im Acte der Stipulation das Geschäft eines Andern geführt hat, so kann man behaupten, dass nicht sein, sondern dessen Nutzen dabei in Anschlag komme, dessen Geschäfte er vertreten; dass man demnach vermöge der Stipulation, im Fall der Beklagte sich nicht gestellt, dem Anwalte soviel schuldig geworden, als das Interesse des Eigenthümers des Processes betrug, wenn er sich stellte. Dasselbe kann auch noch mit mehr Wirkung gesagt werden, wenn der Anwalt sich so hat versprechen lassen: wieviel die Sache werth sein wird, dass demnach diese Wortfügung als nicht auf seinen Nutzen, sondern auf den des Herrn sich beziehend angesehen wird.
15Papinianus libro secundo quaestionum. Si tutor iudicio sisti promiserit et stipulationi non obtemperaverit, et interea pupillus adoleverit aut mortem obierit aut etiam abstentus sit hereditate: denegabitur ex stipulatu actio. nam et ipsius rei, quae petebatur, si tutor iudicatus fuerit et eorum quid acciderit, non esse dandam in eum actionem iudicati probatum est.
15Papinian. lib. II. Quaestionum. Wenn der Vormund versprochen, sich vor Gericht zustellen, seiner Stipulation nicht Folge geleistet, und der Mündel einstweilen zum Jünglingsalter gekommen, oder gestorben, oder sich der Erbschaft entschlagen hat, so wird die Klage as der Stipulation abgewiesen werden: denn man hat auch angenommen, dass, wenn der Vormund auf die verlangte Sache verurtheilt worden und etwas von jener Art vorgefallen, die Klage aus der Verurtheilung gegen ihn nicht zu gestatten sei.