De lege commissoria
(Vom Nebenvertrage des Verfalls.)
1Ulp. lib. XXVIII. ad Sabin. Ist ein Landgut mit dem Nebenvertrage des Verfalls verkauft worden, so ist mit mehr Grund anzunehmen, dass der Kauf unter einer Bedingung wieder aufgelöst sein solle, als dass solcher unter einer Bedingung abgeschlossen worden sei.
2Ad Dig. 18,3,2Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 390, Note 10.Pompon. lib. XXXV. ad Sabin. Hat sich der Verkäufer eines Landgutes im Contract ausbedungen, dass solches als nicht gekauft gelten solle, wenn bis zur bestimmten Zeit die Zahlung des Kaufschillings nicht erfolgt sei, so ist blos alsdann das Landgut als nicht gekauft anzunehmen, wenn es der Wille des Verkäufers ist, den Kauf als aufgehoben zu betrachten, weil solches zum Vortheil des Verkäufers bedungen wurde; denn bei einer andern Deutung stände es, wenn das Landhaus [z. B.] abbrennt, in der Macht des Käufers, durch Nichtbezahlung des Kaufschillings den Kauf des Landguts, dessen Gefahr ihm zu tragen oblag, rückgängig zu machen,
4Idem lib. XXXII. ad Ed. Ist ein Landgut mit dem Nebenvertrage des Verfalls verkauft worden, d. h., dass solches als nicht gekauft gelten solle, wenn nicht der Kaufschilling innerhalb einer bestimmten Zeit bezahlt worden, so ist die Frage, welche Klage dem Verkäufer sowohl im Betreff des Landguts, als der davon bezogenen Nutzungen, so wie wenn das Gut durch Zuthun des Käufers verschlechtert worden, zustehe? Der Kauf gilt zwar als aufgehoben; doch ist es eine entschiedene Sache, dass ihm die Klage aus dem Verkaufe zukomme, wie solches in den Rescripten der Kaiser Antoninus und Severus sich ausgesprochen findet. 1Ad Dig. 18,3,4,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 323, Note 12.Aber auch die Behauptung des Neratius ist begründet, dass dem Käufer zuweilen die Nutzungen zu Gute kommen, wenn er des bezahlten Kaufschillings verlustig wird. Die Meinung des Neratius, für welche die Billigkeit spricht, erleidet also dann Anwendung, wenn der Käufer einen Theil des Kaufschillings entrichtet hat. 2Ad Dig. 18,3,4,2ROHGE, Bd. 19 (1876), Nr. 30, S. 96: Frist für Ausübung des Rechts des Verkäufers. Bedeutung von statim debere.Richtig schreibt Papinianus im dritten Buche seiner Gutachten, der Verkäufer müsse, sobald die Verbindlichkeit aus dem Nebenvertrage des Verfalls verwirkt ist, sich erklären, ob er den Vertrag geltend machen, oder lieber den Kaufschilling einklagen wolle, und könne er, nach Erwählung des Erstern nachher nicht zum Andern greifen. 3In den Nebenvertrag des Verfalls pflegt auch noch die Bestimmung eingeschaltet zu werden, dass, wenn der Verkäufer das nämliche Landgut wieder verkaufen sollte, er den Mindererlös vom Käufer solle ersetzt verlangen können, und es steht ihm also deshalb die Klage aus dem Verkaufe gegen denselben zu. 4Ad Dig. 18,3,4,4ROHGE, Bd. 5 (1872), S. 111: Rechtliche Bedeutung der Clausel in Feuerversicherungspolicen: „die Versicherung wird erst durch die gehörig geleistete Prämienzahlung giltig“.Marcell bezweifelt im zwanzigsten Buche, ob der Nebenvertrag des Verfalls erst alsdann Anwendung erleide, wenn der Käufer auf ergangene Mahnung nicht zahlt, oder aber schon, wenn er nicht unaufgefordert die Zahlung anbietet. Ich bin eher der Meinung, er müsse von selbst die Zahlung anbieten, wenn er sich der Wirkung des Nebenvertrags des Verfalls entziehen will; ist Niemand vorhanden, dem er das Anerbieten machen kann, so steht er sicher.
5Neratius. lib. V. Membran. Ist beim Verkaufe eines Landguts bedungen worden, dass, falls innerhalb einer bestimmten Zeit der Kaufschilling nicht gezahlt worden, die Sache als nicht gekauft gelten solle, so ist hinsichtlich der in der Zwischenzeit vom Käufer gezogenen Nutzungen anzunehmen, die Betheiligten hätten beabsichtigt, dass der Käufer solche für sich, und als sein Eigenthum einstweilen beziehen solle: fällt aber das Gut an den Verkäufer zurück, in diesem Falle; meinte Aristo, stehe dem Verkäufer deshalb eine Klage gegen den Käufer zu, weil aus einem Rechtsgeschäfte, wobei derselbe sein Wort nicht gehalten, ihm nichts verbleiben dürfe.
6Scaevola lib. II. Resp. Auf eine Anfrage im Betreff des Nebenvertrags des Verfalls ertheilte er (Scävola) zum Gutachten: wenn es am Käufer gelegen habe, dass diesem Vertrage nicht nachgekommen worden, und der Verkäufer sich auf denselben berufen wolle; so seien die Güter als nicht gekauft zu betrachten, und was als Daraufgeld oder unter anderer Benennung gegeben worden, verbleibe dem Verkäufer. 1Derselbe begutachtete: wenn in Folge des Nebenvertrags des Verfalls der Kauf von Landgütern aufgerufen worden sei, so habe der Käufer auch auf die versprochene Zubehörungen keine Ansprüche. 2Ad Dig. 18,3,6,2ROHGE, Bd. 24 (1879), Nr. 16, S. 56: Anspruch auf Konventionalstrafe wegen Verspätung der Hauptleistung ungeachtet vorbehaltloser Annahme der Letzteren.In einem Falle hatte, nach Ablauf der in dem Nebenvertrage des Verfalls bestimmten Zeit, der Verkäufer einen Theil des Kaufschillingsrestes angenommen. [Scävola] sprach sich darüber dahin aus: wenn nach Verlauf der zur Zahlung des Kaufschillingsrestes festgesetzten Zeit der Verkäufer den besagten Vertrag nicht geltend gemacht und einen Theil des Kaufschillingsrestes angenommen habe, so werde angenommen, als sei er von dem Vertrage abgegangen.
7Hermogen. lib. II. Jur. Epitom. Wenn der Verkäufer nach Verlauf der in dem Nebenvertrage des Verfalls festgesetzten Zeit den Kaufschilling einklagt, so wird angenommen, er verzichte auf den Vertrag, und er kann seinen Entschluss nicht mehr ändern und sich wieder auf denselben berufen.
8Scaevola. lib. VII. Dig. Eine Frau hatte Güter an Cajus Sejus verkauft, und nach Empfang einer Summe als Daraufgeld für die Zahlung des Kaufschillingsrestes Fristen bestimmt, wobei sich der Käufer anheischig gemacht hatte, dass, wenn er solche nicht innehalten werde, er des Daraufgeldes verlustig gehn, und die Landgüter als nicht gekauft gelten sollten. Am bestimmten Tage erklärte der Käufer vor Zeugen, dass er bereit gewesen sei, den ganzen Kaufschillingsrückstand zu bezahlen, versiegelte auch ein Säckchen mit dem Gelde mit den Siegelringen der Zeugen, allein es habe an der Verkäuferin gefehlt; am folgenden Tage aber, ward ihm im Namen des Fiscus gerichtlich vor Zeugen bedeutet, der Frau nicht eher das Geld verabfolgen zu lassen, bis sie den Fiscus befriedigt habe. Es wurde nun die Anfrage gestellt, ob das Rechtsverhältniss im Betreff jener Güter nicht so gestaltet sei, dass dieselben, gemäss der Verkaufsübereinkunft, von der Verkäuferin eigenthümlich zurückgefordert werden könnten? Das Gutachten lautete: den vorliegenden Umständen zufolge habe der Käufer den Nachtheil aus dem Nebenvertrage des Verkaufs nicht verwirkt.