Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 15 übersetzt von Dorn unter Redaction von Otto
Dig. XV4,
Quod iussu
Liber quintus decimus
IV.

Quod iussu

(Wenn etwas auf Geheiss geschehen.)

1Ulpianus libro vicensimo nono ad edictum. Merito ex iussu domini in solidum adversus eum iudicium datur, nam quodammodo cum eo contrahitur qui iubet. 1Iussum autem accipiendum est, sive testato quis sive per epistulam sive verbis aut per nuntium sive specialiter in uno contractu iusserit sive generaliter: et ideo et si sic contestatus sit: ‘quod voles cum Sticho servo meo negotium gere periculo meo’, videtur ad omnia iussisse, nisi certa lex aliquid prohibet. 2Sed ego quaero, an revocare hoc iussum antequam credatur possit: et puto posse, quemadmodum si mandasset et postea ante contractum contraria voluntate mandatum revocasset et me certiorasset. 3Sed et si mandaverit pater dominusve, videtur iussisse. 4Sed et si servi chirographo subscripserit dominus, tenetur quod iussu. 5Quid ergo si fideiusserit pro servo? ait Marcellus non teneri quod iussu: quasi extraneus enim intervenit: neque hoc dicit ideo, quod tenetur ex causa fideiussionis, sed quia aliud est iubere, aliud fideiubere: denique idem scribit, etsi inutiliter fideiusserit, tamen eum non obligari quasi iusserit, quae sententia verior est. 6Si ratum habuerit quis quod servus eius gesserit vel filius, quod iussu actio in eos datur. 7Si pupillus dominus iusserit, utique non tenetur, nisi tutore auctore iussit. 8Si iussu fructuarii erit cum servo contractum, item eius cui bona fide servit, Marcellus putat quod iussu dandam in eos actionem: quam sententiam et ego probo. 9Si curatore adulescentis vel furiosi vel prodigi iubente cum servo contractum sit, putat Labeo dandam quod iussu actionem in eos quorum servus fuerit: idem et in vero procuratore. sed si procurator verus non sit, in ipsum potius dandam actionem idem Labeo ait.
1Ulp. lib. XXIX. ad Edict. Mit Recht wird aus dem Befehle eines Herrn, die Klage gegen ihn aufs Ganze gegeben, denn gewissermaassen verbindet man sich contractgemäss mit dem, der einen Befehl ertheilt. 1Ad Dig. 15,4,1,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 482, Note 12.Als befohlen aber ist anzusehen, wenn entweder einer durch ein Testament, oder durch einen Brief, oder durch Worte, oder einen Boten, oder namentlich in einem einzelnen Contracte, [etwas] anbefohlen hat, oder im Allgemeinen. Und daher auch wenn er sich so hat vernehmen lassen: du magst mit dem Stichus, meinem Sclaven das Geschäft auf meine Gefahr besorgen, wird angenommen, er habe zu Allem Befehl ertheilt, wenn nicht ein ausdrückliches Gesetz etwas dagegen hat. 2Doch ich frage, ob er diesen Befehl bevor creditirt wird, zurücknehmen könne? Und ich glaube, dass er’s kann, wie wenn er Auftrag gegeben, und nachher vor dem Contractschluss in entgegengesetzter Entschliessung den Auftrag zurückgenommen und mich davon benachrichtigt hätte. 3Aber auch wenn ein Vater oder Herr Auftrag gegeben hat, so ist das wie ein Befehl anzusehen. 4Aber auch wenn sich der Herr unter die Schuldverschreibung des Sclaven unterschrieben hat, wird er durch die Klage aus Befehl angehalten. 5Wie nun, wenn er Bürgschaft für den Sclaven geleistet hat? Es sagt Marcellus, er könne nicht durch eine Klage aus Befehl angehalten werden; denn er ist gewissermaassen als fremde Person dazugekommen. Auch sagt er nicht damit, dass er auf den Grund der Bürgschaft hafte, sondern weil das Befehlertheilen anders geschieht. Zuletzt bemerkt derselbe, wenn er auch ohne Wirkung Bürgschaft geleistet, so werde er doch nicht verbindlich, als ob er Befehl ertheilt habe; welche Meinung die richtigere ist. 6Wenn Jemand die Handlung seines Sclaven oder Sohnes genehmigt hat, so wird eine Klage gegen sie gegeben (mit Bezug darauf:) ihr habt’s befohlen. 7Wenn ein unmündiger Herr [etwas] befohlen hat, so haftet er nie, wenn er nicht unter Beitritt des Vormundes den Befehl ertheilt hat. 8Wenn auf Befehl eines Niessbrauchers mit einem Sclaven contrahirt worden, nicht weniger dessen, dem er im guten Glauben Dienste thut, so meint Marcellus, dass die Klage aus Befehl gegen sie gegeben werden dürfe; welche Ansicht ich ebenfalls gutheisse. 9Ad Dig. 15,4,1,9Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 73, Note 13a.Wenn auf Befehl des Curators eines unerwachsenen Menschen oder eines Wahnsinnigen oder Verschwenders mit einem Sclaven contrahirt worden ist, so glaubt Labeo die Klage aus dem, was auf Befehl geschehen, dürfe gegen diejenigen gegeben werden, deren Sclav er war. Dasselbe gelte auch bei einem wirklichen Geschäftsverweser. Wenn aber der Geschäftsverweser nicht der wahre sei, so sagt derselbe Labeo, dass vielmehr gegen ihn selbst die Klage zu geben sei.
2Paulus libro trigensimo ad edictum. Si tutoris iussu servo pupilli creditum sit, puto, si ex utilitate pupilli fuerit creditum, in pupillum esse dandam actionem ‘quod iussit tutor’. 1Si iussu domini ancillae vel iussu patris filiae creditum sit, danda est in eos quod iussu actio. 2Si iussu meo cum alieno servo contractum fuerit eumque postea redemero, quod iussu non tenebor, ne actio, quae ab initio inutilis fuerit, eventu confirmetur.
2Paul. lib. XXX. ad Edict. Wenn auf Befehl des Vormundes dem Sclaven des Pflegbefohlnen creditirt worden ist, so glaube ich, wenn zum Nutzen des Mündels creditirt worden, die Klage daraus, was der Vormund befohlen hat, sei gegen den Mündel zu geben. 1Wenn auf des Herrn Befehl der Magd, oder auf des Vaters Befehl der Tochter, so ist die Klage aus dem, was auf Befehl geschehen, gegen erstere zu geben. 2Wenn auf meinen Befehl mit einem fremden Sclaven contrahirt worden ist, und ich denselben später gekauft habe, so werde ich aus dem, was auf Befehl geschehen, nicht haften, damit die Klage, welche von Anfang wirkungslos gewesen wäre, nicht hintennach erst Halt bekomme.
3Ulpianus libro secundo responsorum. Dominum, qui iussit semissibus usuris servo suo pecuniam mutuam credi, hactenus teneri quatenus iussit: nec pignoris obligationem locum habere in his praediis, quae servus non ex voluntate domini obligavit.
3Ulp. lib. II. Respons. Der Herr, welcher anbefohlen hat, seinem Sclaven gegen [ansehnliche] Zinsen Geld zu leihen, haftet insoweit, als er Befehl ertheilt; und es hat keine Pfandverbindlichkeit in Ansehung der Grundstücke Statt, welche der Sclav ohne die Zustimmung des Herrn eingesetzt hat.
4Idem libro decimo ad edictum. Si iussu eius, qui administrationi rerum civitatis praepositus est, cum servo civitatis negotium contractum sit, Pomponius scribit quod iussu cum eo agi posse.
4Idem lib. X. ad Edict. Wenn auf Befehl dessen, welcher einer Verwaltung in Staatsangelegenheiten vorgesetzt ist, mit einem öffentlichen Sclaven ein Geschäft abgeschlossen worden ist, so könne, schreibt Pomponius aus dem, was auf Befehl geschehen, gegen ersteren geklagt werden.
5Paulus libro quarto ad Plautium. Si dominus vel pater pecuniam mutuam accepturus iusserit servo filiove numerari, nulla quaestio est, quin ipsi condici possit: immo hoc casu de iussu actio non competit. 1Si unus ex servi dominis iussit contrahi cum eo, is solus tenebitur: sed si duo iusserunt, cum quovis in solidum agi potest, quia similes sunt duobus mandantibus.
5Paul. lib. IV. ad Plautium Wenn ein Herr oder ein Vater, der geborgtes Geld empfangen soll, Befehl ertheilt hat, die Zahlung an den Sclaven oder Sohn zu machen, so ist keine Frage, dass er selbst belangt werden könne; ja in diesem Falle hat die Klage aus dem, was auf Befehl geschehen, nicht Statt. 1Ad Dig. 15,4,5,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 407, Note 7.Wenn einer der Herren eines Sclaven befohlen hat, dass mit letzterem das Geschäft gemacht werde, so haftet der allein; aber wenn zwei [es] befohlen haben, so kann gegen jeden beliebig auf das Ganze geklagt werden, weil sie zweien Auftragsgebern ähnlich sind.