Corpus iurisprudentiae Romanae

Repertorium zu den Quellen des römischen Rechts

Digesta Iustiniani Augusti

Recognovit Mommsen (1870) et retractavit Krüger (1928)
Deutsche Übersetzung von Otto/Schilling/Sintenis (1830–1833)
Buch 15 übersetzt von Dorn unter Redaction von Otto
Dig. XV2,
Quando de peculio actio annalis est
Liber quintus decimus
II.

Quando de peculio actio annalis est

(In welchen Fällen die Sondergutsklage jährig ist.)

1Ul­pia­nus li­bro vi­cen­si­mo no­no ad edic­tum. Prae­tor ait: ‘Post mor­tem eius qui in al­te­rius po­tes­ta­te fue­rit, post­ea­ve quam is em­an­ci­pa­tus ma­nu­mis­sus alie­na­tus­ve fue­rit, dum­ta­xat de pe­cu­lio et si quid do­lo ma­lo eius in cu­ius po­tes­ta­te est fac­tum erit, quo mi­nus pe­cu­lii es­set, in an­no, quo pri­mum de ea re ex­per­i­un­di po­tes­tas erit, iu­di­cium da­bo’. 1Quam­diu ser­vus vel fi­lius in po­tes­ta­te est, de pe­cu­lio ac­tio per­pe­tua est: post mor­tem au­tem eius vel post­quam em­an­ci­pa­tus ma­nu­mis­sus alie­na­tus­ve fue­rit, tem­po­ra­ria es­se in­ci­pit, id est an­na­lis. 2An­nus au­tem uti­lis com­pu­ta­bi­tur: et id­eo et si con­di­cio­na­lis sit ob­li­ga­tio, Iu­lia­nus scrip­sit ex eo com­pu­tan­dum an­num, non ex quo em­an­ci­pa­tus est, sed ex quo pe­ti po­tuit con­di­cio­ne ex­is­ten­te. 3Me­ri­to au­tem tem­po­ra­riam in hoc ca­su fe­cit prae­tor ac­tio­nem: nam cum mor­te vel alie­na­tio­ne ex­tin­gui­tur pe­cu­lium, suf­fi­cie­bat us­que ad an­num pro­du­ci ob­li­ga­tio­nem. 4Alie­na­tio au­tem et ma­nu­mis­sio ad ser­vos per­ti­net, non ad fi­lios, mors au­tem tam ad ser­vos quam ad fi­lios re­fer­tur, em­an­ci­pa­tio ve­ro ad so­lum fi­lium. sed et si alio mo­do si­ne em­an­ci­pa­tio­ne de­sie­rit es­se in po­tes­ta­te, an­na­lis erit ac­tio. sed et si mor­te pa­tris vel de­por­ta­tio­ne sui iu­ris fue­rit ef­fec­tus fi­lius, de pe­cu­lio in­tra an­num he­res pa­tris vel fis­cus te­ne­bun­tur. 5In alie­na­tio­ne ac­ci­pi­tur uti­que ven­di­tor, qui ac­tio­ne de pe­cu­lio in­tra an­num te­ne­tur: 6sed et si do­na­vit ser­vum vel per­mu­ta­vit vel in do­tem de­dit, in ea­dem cau­sa est: 7item he­res eius, qui ser­vum le­ga­vit non cum pe­cu­lio. nam si cum pe­cu­lio vel le­ga­vit vel li­be­rum es­se ius­sit, quaes­tio­nis fuit: et mi­hi ve­rius vi­de­tur non dan­dam ne­que in ma­nu­mis­sum ne­que in eum, cui le­ga­tum sit pe­cu­lium, de pe­cu­lio ac­tio­nem. an er­go te­n­ea­tur he­res? et ait Cae­ci­lius te­ne­ri, quia pe­cu­lium pe­nes eum sit, qui tra­den­do id le­ga­ta­rio se li­be­ra­vit. Pe­ga­sus au­tem ca­ve­ri he­redi de­be­re ait ab eo, cui pe­cu­lium le­ga­tum sit, quia ad eum ve­niunt cre­di­to­res: er­go si tra­di­de­rit si­ne cau­tio­ne, erit con­ve­nien­dus. 8Si prae­cep­to ser­vo et pe­cu­lio ro­ga­tus sit he­res re­sti­tue­re he­redi­ta­tem, si de pe­cu­lio con­ve­nia­tur, Tre­bel­lia­ni ex­cep­tio­ne non ute­tur, ut Mar­cel­lus trac­tans ad­mit­tit: is au­tem cui re­sti­tu­ta est he­redi­tas non te­ne­tur, ut Scae­vo­la ait, cum pe­cu­lium non ha­beat nec do­lo fe­ce­rit quo mi­nus ha­be­ret. 9Usu fruc­tu quo­que ex­stinc­to in­tra an­num ac­tio­nem dan­dam in usu­fruc­tua­rium Pom­po­nius li­bro se­xa­gen­si­mo pri­mo scrip­sit. 10Quae­si­tum est apud La­beo­nem, si, cum fi­lius vi­ve­ret, tu cre­dens eum mor­tuum an­na­li ac­tio­ne ege­ris et, quia an­nus prae­ter­ie­rat, ex­cep­tio­ne sis re­pul­sus, an rur­sus ex­per­i­ri ti­bi com­per­to er­ro­re per­mit­ten­dum est. et ait per­mit­ti de­be­re dum­ta­xat de pe­cu­lio, non et­iam de in rem ver­so: nam prio­re iu­di­cio de in rem ver­so rec­te ac­tum est, quia an­nua ex­cep­tio ad pe­cu­lium, non ad in rem ver­sum per­ti­net.

1Ulpian. lib. XXIX. ad Edict. Der Prätor sagt: nach dem Tode dessen, der in eines Anderen Gewalt gewesen ist, oder später, nachdem derselbe entlassen, freigegeben oder veräussert worden ist, werde ich nur auf das Sondergut, und wenn durch Arglist desjenigen, in wessen Gewalt er ist, sich wirklich eine Verringerung des Sonderguts zugetragen hat, ein Jahr lang, sobald über diesen Gegenstand zu verfahren die Möglichkeit entstanden ist, eine Klage geben. 1So lange als ein Sclav oder Sohn in Gewalt sich befindet, ist die Klage in Ansehung des Sonderguts eine stetige; nach dem Tode desselben jedoch, oder nachdem er der [väterlichen Gewalt] entlassen, freigegeben oder veräussert ist, fängt sie an, auf Zeit beschränkt zu sein, nämlich auf Jahresfrist. 2Das Jahr wird aber nach seiner rechtlichen Brauchbarkeit (utilis) berechnet, weshalb Julianus bemerkt, auch wenn die Verbindlichkeit eine bedingte ist, so muss das Jahr darnach berechnet werden, nicht [yon dem Puncte] wo er entlassen worden, sondern von wo an die Bedingung gewiss war und geklagt werden konnte. 3Mit Recht aber hat der Prätor in diesem Falle die Klage auf Frist gestellt, denn da mit dem Tode oder durch Veräusserung ein Sondergut vernichtet wird, so war es eine Hülfe, die Verbindlichkeit [daraus] auf ein Jahr hin auszudehnen. 4Veräusserung aber und Freilassung geht die Sclaven an, nicht die Söhne; der Tod jedoch bezieht sich auf Sclaven sowohl als auf Söhne; die Entlassung aber auf den Sohn allein. Aber auch wenn er auf andere Art, ohne [förmliche] Entlassung in Gewalt zu sein aufgehört hat, ist die Klage jährig. Aber auch wenn durch den Tod des Vaters oder [dessen] Verweisung der Sohn selbstständig geworden ist, wird der Erbe des Vaters oder der Fiscus ein Jahr lang verpflichtet bleiben. 5Bei einer Veräusserung denkt man immer an den Verkäufer, welcher durch die Sondergutsklage ein Jahr lang angegriffen werden kann. 6Aber auch wenn er den Sclaven verschenkt, vertauscht, oder als Mitgift gegeben hat, befindet er sich in derselben Lage. 7Ebenso der Erbe dessen, welcher einen Sclaven als Legat ohne Sondergut vermacht hat; denn hat er ihn entweder mit Sondergut vermacht, oder seine Freiheit anbefohlen, so ist man ungewiss gewesen. Und mir scheint es richtiger, dass eine Klage auf das Sondergut nicht gegeben werden dürfe, weder gegen den Freigelassenen, noch gegen den, dem das Sondergut vermacht ist. Ist sonach der Erbe wohl gehalten? Cäcilius sagt, er sei gehalten, weil das Sondergut bei ihm [als solchem] sei, welcher sich durch die Aushändigung desselben an den Legatar befreie. Pegasus aber sagt, dass dem Erbe Sicherheit geleistet werden müsse von dem, dem das Sondergut vermacht sei, weil zu ihm die Gläubiger kommen; wenn er also ohne Verwahrung die Aushändigung bewerkstelligt hat, so darf er angegriffen werden. 8Wenn der Erbe nach Vorausnahme eines Sclaven und des Sonderguts gebeten ist, die Erbschaft weiter zu geben, so kann er sich auf den Trebellianischen Vortheil nicht berufen, wenn er auf das Sondergut belangt wird, wie Marcellus in einer Abhandlung zulässig findet. Der aber, dem die Erbschaft zugestellt ist, ist nicht verbindlich, wie Scävola sagt, da er das Sondergut nicht hat, und auch nicht aus Arglist dasselbe zu haben sich entschlagen hat. 9Dass auch nach Aufhören des Niessbrauchs ein Jahr lang die Klage gegen den Nutzniesser zu geben sei, schreibt Pomponius im einundsechzigsten Buche. 10Es findet sich bei Labeo die Frage: wenn du, indem der Sohn lebte, in der Meinung, dass er gestorben sei, mit einer auf Jahresfrist gestellten Klage aufgetreten, und, weil das Jahr verflossen war, durch Berufung darauf zurückgewiesen bist, ist dir wohl nachzulassen, nach erlangter Einsicht in den Irrthum deinen Angriff zu wiederholen? Und er erklärt, es dürfe nachgelassen werden, doch nur nach Maassgabe des Sondergutes, nicht auch in Ansehung einer Verwendung in [des Beklagten] Nutzen; denn im ersteren Klagfall ist richtig aus der Verwendung in [des Beklagten] Nutzen geklagt worden, weil die Berufung auf Jahresdauer auf das Sondergut, nicht auf die Verwendung in [des Beklagten] Nutzen sich bezieht.

2Pau­lus li­bro tri­gen­si­mo ad edic­tum. Cum post mor­tem fi­lii fa­mi­lias an­nua ad­ver­sus pa­trem ac­tio est, quem­ad­mo­dum ad­ver­sus eum es­set per­pe­tua vi­vo fi­lio, id­eo si ex cau­sa red­hi­bitio­nis erat de pe­cu­lio ac­tio, sex men­sum erit post mor­tem fi­lii: idem­que di­cen­dum in om­ni­bus tem­po­ra­li­bus ac­tio­ni­bus. 1Si ser­vus cui cre­di­tum est apud hos­tes sit, de pe­cu­lio ac­tio in do­mi­num non an­no fi­nien­da est, quam­diu post­li­mi­nio re­ver­ti pot­est.

2Paul. lib. XXX. ad Ed. Da nach dem Tode eines Haussohnes die Klage gegen den Vater ein Jahr lang dauert, wie sie gegen denselben, bei Lebzeiten des Sohnes, stetig ist, so ist, wenn auf das Sondergut im Falle einer Zurücknehmung geklagt wurde, nach dem Tode des Sohnes die Klage innerhalb sechs Monaten anzustellen. Und dasselbe ist von allen auf Zeit gestellten Klagen zu behaupten. 1Wenn ein Sclav, welchem creditirt worden, bei dem Feinde ist, so ist, so lange er unvermerkt in seine Verhältnisse zurückkommen kann, die Klage aus dem Sondergute gegen den Herrn nicht mit dem Jahre abzuschliessen.

3Pom­po­nius li­bro quar­to ad Quin­tum Mu­cium. De­fi­ni­tio­ne pe­cu­lii in­ter­dum uten­dum est et­iam, si ser­vus in re­rum na­tu­ra es­se de­siit et ac­tio­nem prae­tor de pe­cu­lio in­tra an­num dat: nam et tunc et ac­ces­sio­nem et de­ces­sio­nem qua­si pe­cu­lii re­ci­pien­dam (quam­quam iam de­siit mor­te ser­vi vel ma­nu­mis­sio­ne es­se pe­cu­lium), ut pos­sit ei ac­ce­de­re ut pe­cu­lio fruc­ti­bus vel pe­co­rum fe­tu an­cil­la­rum­que par­tu­bus et de­ce­de­re, vel­uti si mor­tuum sit ani­mal vel alio quo­li­bet mo­do per­ie­rit.

3Pompon. lib. IV. ad Quint. Muc. Bisweilen ist eine Bestimmung des Sondergutes erforderlich, auch wenn der Sclav zu existiren aufgehört hat, und der Prätor die Sondergutsklage auf ein Jahr gewährt; denn auch dann muss man sowohl einen Zuwachs als ein Abkommen eines Quasipeculium annehmen, obwohl es bereits durch den Tod oder die Freilassung des Sclaven aufgehört hat, Sondergut zu sein, damit demselben, wie einem Sondergute, etwas an Früchten, oder jungem Vieh, und Mägdekindern, theils zukommen, theils davon abkommen könne, wie wenn ein Thier etwa gestorben oder auf andere Weise umgekommen ist.