Quod cum eo, qui in aliena potestate est, negotium gestum esse dicetur
(Von Geschäften, die angeblich mit Menschen, welche unter fremder Gewalt stehen, verhandelt worden sind.)
1Gaj. lib. IX. ad Ed. prov. Der Proconsul thut Alles, damit, wer mit einem unter fremder Gewalt stehenden Menschen contrahirt hat, wenngleich die obigen Klagen, nämlich die Rhederklage, die Factorklage und die tributorische, nicht Statt finden, doch soweit, als es Billigkeit verstattet, zu dem Seinigen gelange. Falls nämlich das Geschäft auf Geheiss dessen, in dessen Gewalt er11Der andre Contrahent und Schuldner. steht, gemacht worden wäre, verheisst er22Der Proconsul. deshalb eine Klage auf das Ganze; auf den Fall, dass es nicht auf Geheiss desselben geschehen wäre, aber doch zu seinem Nutzen gereicht hätte, führt er33Der Proconsul. eine Klage auf soviel ein, als in dessen Nutzen verwendet worden ist; wäre endlich keines von beiden der Fall, so ordnet er die Sondergutsklage an.
2Ulp. lib. XXIX. ad Ed. Der Prätor sagt: Wer der väterlichen Gewalt entlassen oder enterbt worden ist, oder die Erbschaft dessen, in dessen Gewalt er bei desselben Tode stand, ausgeschlagen hat, gegen den werde ich wegen solcher Geschäfte, die mit ihm, da er noch unter Gewalt stand, geschlossen worden sind, dafern er solche nach seinem eignen Willen, oder nach dem Geheiss dessen, in dessen Gewalt er gestanden haben wird, geschlossen hat, oder der Gegenstand in sein Sondergut oder in das Vermögen dessen, in dessen Gewalt er gewesen, verwendet worden ist, nach vorgängiger Untersuchung der Sache eine Klage auf soviel, als er leisten kann, gestatten. 1Allein auch wenn er auf andre Weise, als durch Entlassung, zu eignem Rechte kommt, oder einem Andern zur Adoption überlassen wird, und sodann der natürliche Vater verstirbt, sowie auch, wenn Einer zu einem sehr kleinen Theile zum Erben eingesetzt ist, so ist es höchst billig, dass nach Untersuchung der Sache auch gegen einen solchen eine Klage auf soviel, als er zu leisten vermag, ertheilt werde.
3Ad Dig. 14,5,3Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. II, § 268, Note 2.Idem lib. III. Disput. Ob aber hier abzuziehen sei, was Andre zu fordern haben, darüber lässt sich sprechen. Und zwar: sind dies Gläubiger, die mit ihm contrahirt haben, als er unter fremder Gewalt stand, so wird richtig zu sagen sein, dem zuerst Besitz Ergreifenden gebühre der Vorzug, es wäre denn, dass ein Bevorrechteter erschiene; denn ein solcher wird von Rechtswegen zuerst zu bedenken sein. Sind aber Gläubiger vorhanden, welche mit ihm contrahirt haben, nachdem er zu eigenem Rechte gekommen, so werden sie, glaube ich, zu berücksichtigen sein.
4Idem lib. XXIX. ad Ed. Wenn aber der Sohn zu einem nicht geringen Erbtheile eingesetzt ist, so hat der Gläubiger die Wahl, ihn entweder nach Verhältniss seines Erbtheils, oder aufs Ganze zu belangen. Hier wird es aber dem Ermessen des Richters zu überlassen sein, ob er nicht etwa auf soviel, als er zu leisten vermag, belangt werden müsse. 1Bisweilen aber wird gegen den Sohn die Klage aufs Ganze zugelassen, wenn er gleich enterbt oder der Gewalt entlassen ist, dann nämlich, wenn er sich fälschlich für einen Hausvater ausgegeben hat, als man mit ihm contrahirte; denn dann, schreibt Marcellus im zweiten Buche der Digesten, ist er wegen seiner Lüge zu belangen, wenn er gleich nicht soviel leisten kann. 2Obwohl aber aus dem Contracte eine Klage gegen ihn [nur] auf soviel, als er zu leisten vermag, bewilligt wird, so wird er doch aus Vergehungen aufs Gauze verklagt werden können. 3Uebrigens kommt man blos dem Sohne zu Hilfe, nicht dem Erben desselben; denn auch Papinianus schreibt im neunten Buche der Quästionen, wider den Erben des Sohnes sei die Klage aufs Ganze zu geben. 4Ob aber auch die Zeit zu berücksichtigen ist, so dass, wenn der Sohn sofort belangt wird, die Klage [nur] auf soviel, als er leisten kann, gegeben, wenn es hingegen erst nach vielen Jahren geschieht, solche Nachsicht ihm nicht gegönnt werde? Ich halte dafür, dass hierauf Rücksicht zu nehmen sei; denn darin besteht eben die Untersuchung der Sache. 5Wer die Sondergutsklage angestellt hat, wo er aus dem vorhergegangenen Geheiss (quod jussu) klagen konnte, steht in solchem Rechtsverhältniss, dass er noch nachher aus dem Geheiss klagen kann; dieser Meinung ist auch Proculus. Wenn er aber in Folge einer Täuschung die Sondergutsklage angestellt hat, glaubt Proculus, es müsse ihm44Ebenfalls mit der Klage aus dem Geheiss. geholfen werden; welche Meinung gegründet ist.
5Paul. lib. XXX. ad Ed. Wenn ein Haussohn bei Lebzeiten des Vaters verklagt und verurtheilt ist, so muss gegen ihn, nachdem er der väterlichen Gewalt entlassen oder enterbt worden ist, die Klage auf soviel, als er leisten kann, gegeben werden. 1Wenn dem enterbten Sohne die väterliche Erbschaft in Gemässheit des Trebellianischen Senatsschlusses55Also als Fideicommiss. ausgeantwortet wird, so wird er nicht in soviel, als er leisten kann, sondern ins Ganze zu verurtheilen sein, weil er der Wirkung nach gewissermaassen Erbe ist. 2Wenn er aber gezwungen sich der Erbschaft nur angemaasst hat, um sie wieder66An einen fideicommissarischen Erben. auszuantworten, so ist dies eben so anzusehen, als ob er sich deren enthalten hätte.
6Ulp. lib. II. Disputat. Marcellus schreibt, wer sich fälschlich für einen Hausvater ausgegeben und in Auftrag eines Andern etwas stipuliert habe, der sei mit der Auftragsklage zu belangen, wenn er gleich die77Stipulirte und empfangene. Sache zu gewähren nicht vermöge, und gewiss ist es richtig, dass er belangbar sein müsse, weil er betrüglich gehandelt hat. Dasselbe gilt von allen Klagen guten Glaubens.
7Scaevola. lib. I. Respons. Ein Vater gestattete seinem Sohn, ein Darlehn aufzunehmen, und trug mittelst Briefs dem Gläubiger auf, ihm zu leihen; darauf wurde der Sohn zu einem sehr kleinen Theil Erbe des Vaters. Ich habe geantwortet: es habe der Gläubiger die Wahl, ob er lieber den Sohn, dem er geliehen, aufs Ganze, oder die Erben, jeden nach Verhältniss seines Erbtheils, in Anspruch nehmen wolle; der Sohn wird aber [nur] in soviel verurtheilt, als er leisten kann.
8Paul. lib. I. Decret. Titianus Primus hatte einen Sclaven zum Ausleihen von Geldern und Empfang von Pfändern angestellt; dieser pflegte auch gegen gewisse Leute, die mit Gerste handelten, für die Käufer die Schuld zu übernehmen und zu bezahlen; da er darauf entwichen war, und derjenige, welchem er zu Bezahlung des Kaufpreises der Gerste überwiesen (delegirt) worden, den Herrn von seines Factors wegen belangte, leugnete dieser, dass er deswegen belangt werden könne, weil Jener nicht hierzu angestellt gewesen; da jedoch bewiesen wurde, dass der Sclav auch einige andere Geschäfte betrieben, Scheuern gemiethet, und an Viele bezahlt hatte, so hatte der Präfect des Getreidehandels (annonae) sein Urtheil gegen den Herrn gesprochen. Ich sagte, es sei dies als eine Art von Bürgschaft anzusehen; wenn Jemand für Andere eine Schuld bezahlt88Hierzu war nämlich der Sclav allerdings ermächtigt, da dies bei dem Ausleihen von Geldern leicht vorkommen kann; nicht aber, Verbindlichkeiten zu übernehmen., so übernimmt er nicht eine Schuld; es werde aber aus solchem Grunde gewöhnlich keine Klage gegen den Herrn gegeben. Es scheint auch nicht, dass der Herr dazu Auftrag ertheilt gehabt; weil er aber angesehen wurde, als habe er den Sclaven in Allem zu seinem Stellvertreter bestellt, so bestätigte der Kaiser99Septimius Severus. das Urtheil.