Liber tertius decimus
IV.
De eo quod certo loco dari oportet
(Von demjenigen, was an einem bestimmten Orte gegeben werden muss1.)
1Die Natur dieser Klage ist ebenfalls lange verkannt worden. Sie ist nicht, wie man sonst glaubte, eine condictio, sondern sie vertritt nur die Stelle einer condictio certi, und zwar dann, wenn an einem andern, als dem verabredeten Erfüllungsorte geklagt wird, was man mit der condictio certi, als einer Klage strengen Rechts, nicht thun konnte. Sie ist daher in das Ermessen des Richters gestellt, eine actio arbitraria. S. Gans a. a. O. S. 71 ff. Bethmann Hollw. Versuche S. 43 f. Zimmern a. a. O. §. 67.
1Gaius libro nono ad edictum provinciale. Alio loco, quam in quem sibi dari quisque stipulatus esset, non videbatur agendi facultas competere. sed quia iniquum erat, si promissor ad eum locum, in quem daturum se promississet, numquam accederet (quod vel data opera faceret vel quia aliis locis necessario distringeretur), non posse stipulatorem ad suum pervenire, ideo visum est utilem actionem in eam rem comparare.
1Gaj. lib. IX. ad Ed. prov. An einem andern Orte, als [an dem], auf welchen Jemand stipulirt hätte, dass ihm [Etwas] gegeben werden sollte, schien die Möglichkeit zu klagen nicht zuzustehen; aber weil es unbillig war, dass, wenn der Versprecher an den Ort, an welchem geben zu wollen, er versprochen hatte, niemals hinkam, (was er entweder mit Fleiss that, oder weil er an andern Orten nothwendig vielfach beschäftigt wurde), der Stipulator nicht zu dem Seinigen kommen könnte, darum hat es beliebt, eine analoge Klage für diesen Fall zu bilden.
2Ulpianus libro vicensimo septimo ad edictum. Arbitraria actio utriusque utilitatem continet tam actoris quam rei: quod si rei interest, minoris fit pecuniae condemnatio quam intentum est, aut si actoris, maioris pecuniae fiat. 1Haec autem actio ex illa stipulatione venit, ubi stipulatus sum a te Ephesi decem dari. 2Si quis Ephesi decem aut Capuae hominem dari stipulatus experiatur, non debet detracto altero loco experiri, ne auferat loci utilitatem reo. 3Scaevola libro quinto decimo quaestionum ait non utique ea, quae tacite insunt stipulationibus, semper in rei esse potestate, sed quid debeat, esse in eius arbitrio, an debeat, non esse. et ideo cum quis Stichum aut Pamphilum promittit, eligere posse quod solvat, quamdiu ambo vivunt: ceterum ubi alter decessit, extingui eius electionem, ne sit in arbitrio eius, an debeat, dum non vult vivum praestare, quem solum debet. quare et in proposito eum, qui promisit Ephesi aut Capuae, si fuerit in ipsius arbitrio, ubi ab eo petatur, conveniri non potuisse: semper enim alium locum electurum: sic evenire, ut sit in ipsius arbitrio, an debeat: quare putat posse ab eo peti altero loco et sine loci adiectione: damus igitur actori electionem petitionis. et generaliter definit Scaevola petitorem electionem habere ubi petat, reum ubi solvat, scilicet ante petitionem. proinde mixta, inquit, rerum alternatio locorum alternationi ex necessitate facit actoris electionem et in rem propter locum: alioquin tollis ei actionem, dum vis reservare reo optionem. 4Si quis ita stipulatur ‘Ephesi et Capuae’, hoc ait, ut Ephesi partem et Capuae partem petat. 5Si quis insulam fieri stipuletur et locum non adiciat, non valet stipulatio. 6Qui ita stipulatur ‘Ephesi decem dari’: si ante diem, quam Ephesum pervenire possit, agat, perperam ante diem agi, quia et Iulianus putat diem tacite huic stipulationi inesse. quare verum puto, quod Iulianus ait eum, qui Romae stipulatur hodie Carthagine dari, inutiliter stipulari. 7Idem Iulianus tractat, an is, qui Ephesi sibi aut Titio dari stipulatus est, si alibi Titio solvatur, nihilo minus possit intendere sibi dari oportere. et Iulianus scribit liberationem non contigisse atque ideo posse peti quod interest. Marcellus autem et alias tractat et apud Iulianum notat posse dici et si mihi alibi solvatur, liberationem contigisse, quamvis invitus accipere non cogar: plane si non contigit liberatio, dicendum ait superesse petitionem integrae summae, quemadmodum si quis insulam alibi fecisset quam ubi promiserat, in nihilum liberaretur. sed mihi videtur summae solutio distare a fabrica insulae et ideo quod interest solum petendum. 8Nunc de officio iudicis huius actionis loquendum est, utrum quantitati contractus debeat servire an vel excedere vel minuere quantitatem debeat, ut, si interfuisset rei Ephesi potius solvere quam eo loci quo conveniebatur, ratio eius haberetur. Iulianus Labeonis opinionem secutus etiam actoris habuit rationem, cuius interdum potuit interesse Ephesi recipere: itaque utilitas quoque actoris veniet. quid enim si traiecticiam pecuniam dederit11Die Großausgabe liest dederat statt dederit. Ephesi recepturus, ubi sub poena debebat pecuniam vel sub pignoribus, et distracta pignora sunt vel poena commissa mora tua? vel fisco aliquid debebatur et res stipulatoris vilissimo distracta est? in hanc arbitrariam quod interfuit veniet et quidem ultra legitimum modum usurarum. quid si merces solebat comparare: an et lucri ratio habeatur, non solius damni? puto et lucri habendam rationem.
2Ulp. lib. XXVII. ad Ed. [Diese] in das Ermessen des Richters gestellte Klage enthält den Nutzen Beider, sowohl des Klägers, als des Beklagten. Betrifft es das Interesse des Beklagten22D. h. verliert Begklagter durch den Ortswechsel, so erhält der Kläger so viel weniger, als der Schaden des Beklagten beträgt und umgekehrt., so geschieht die Verurtheilung in weniger Geld, als gefordert worden ist; aber wenn [es das Interesse] des Klägers [betrifft], so geschehe [die Verurtheilung] in mehr Geld. 1Diese Klage aber kommt aus jener Stipulation, wo ich von dir stipulirt habe, dass Zehn zu Ephesus gegeben werden sollten. 2Wenn Jemand, der stipulirt hat, dass zu Ephesus Zehn, oder zu Capua ein Mensch gegeben werden sollte, klagen sollte, so darf er nicht mit Weglassung des einen Orts klagen, damit er dem Beklagten nicht den Nutzen des Orts nehme. 3Ad Dig. 13,4,2,3ROHGE, Bd. 16 (1875), Nr. 109, S. 427, 429: Ergänzung unbestimmt gelassener Vereinbarungen. Arbitrium boni viri.Scävola sagt im funfzehnten Buche der Quästionen, dass nicht durchaus das, was stillschweigend in den Stipulationen enthalten sei, immer in der Macht des Beklagten stehe, sondern, was er schulde, stehe im Ermessen [desselben], ob er schulde, stehe nicht [darin]. Und darum könne der, welcher den Stichus oder Pamphilus verspricht, wählen, was er leisten wolle, so lange Beide leben; sonst, wenn einer gestorben ist, erlösche das Wahl[recht] desselben, damit es nicht im Ermessen desselben stehe, ob er schulde, indem er den lebendigen nicht leisten will, welchen allein er [jetzt] schuldet. Darum habe auch in dem angeführten [Fall] der, welcher versprochen hat, zu Ephesus oder zu Capua [zu geben], wenn es in seinem Ermessen gestanden haben würde, wo von ihm [die Schuld] gefordert werde, nicht belangt werden können, denn immer würde er einen andern Ort gewählt haben; so [würde] es kommen, dass es im Ermessen desselben stehe, ob er schulde; darum glaubt [Scävola], man könne von ihm an dem einen Orte auch ohne Beifügung des [andern] Orts fordern; wir geben daher dem Kläger die Wahl bei der Forderung. Und im Allgemeinen bestimmt Scävola, dass der Kläger die Wahl habe, wo er fordere, der Beklagte, wo er zahle, nämlich vor der Forderung. Deshalb, sagt er, bewirkt eine Alternative der Sachen, vermischt mit einer Alternative der Orte, nothwendig die Wahl des Klägers auch in Bezug auf die Sache wegen des Ortes; sonst nimmst du ihm die Klage, indem du dem Beklagten die Wahl vorbehalten willst. 4Wenn Jemand so stipulirt: zu Ephesus und zu Capua, so beabsichtigt er dies, dass er zu Ephesus einen Theil und zu Capua einen Theil fordere. 5Wenn Jemand stipuliren sollte, dass ein Einzelhaus errichtet werde, und den Ort nicht beifügen sollte, so gilt die Stipulation nicht. 6Wer so stipulirt, dass zu Ephesus Zwölf gegeben werden sollen, klagt, wenn er vor dem Tage, wo er nach Ephesus hinkommen könnte, klagen sollte, fälschlich vor dem Tage, weil auch Julianus glaubt, dass der Tag stillschweigend in dieser Stipulation enthalten sei. Darum halte ich für wahr, was Julianus sagt, dass der, welcher zu Rom stipulirt, dass heute zu Carthago gegeben werden solle, ohne Nutzen stipulire. 7Derselbe Julianus behandelt [die Frage], ob der, welcher stipulirt hat, dass zu Ephesus ihm, oder dem Titius gegeben werden solle, wenn anderswo dem Titius gezahlt werden sollte, nichts desto weniger [darauf] antragen könne, dass ihm (dem Stipulator) gegeben werden müsse. Und Julianus schreibt, die Befreiung [des Beklagten] sei nicht eingetreten, und darum könne das Interesse gefordert werden. Marcellus aber behandelt sowohl [diese Frage] an einer andern Stelle, als bemerkt auch beim Julianus, man könne sagen, auch wenn mir anderswo gezahlt werden sollte, sei die Befreiung eingetreten, obwohl ich nicht gezwungen würde wider Willen anzunehmen; freilich, wenn die Befreiung nicht eingetreten ist, sagt er, müsse man sagen, sei die Forderung der ganzen Summe übrig, auf eben die Weise wie, wenn Jemand ein Einzelhaus anderswo errichtet hätte, als wo er es versprochen hatte, er durchaus nicht befreit würde. Doch mir scheint die Zahlung einer Summe verschieden zu sein vom Bau eines Einzelhauses und darum das Interesse allein zu fordern zu sein. 8Ad Dig. 13,4,2,8ROHGE, Bd. 4 (1872), S. 192: Verpflichtung zum Ersatz von Conventionalstrafen, welche der durch Verzug des andern Contrahenten Beschädigte einem Dritten hat bezahlen müssen.ROHGE, Bd. 5 (1872), S. 171: Verpflichtung zum Ersatz von Conventionalstrafen, welche der durch Verzug des andern Contrahenten Beschädigte einem Dritten hat bezahlen müssen.Nun ist von der Pflicht des Richters bei dieser Klage zu sprechen, ob er sich nach der Quantität des Vertrags richten müsse, oder die Quantität entweder überschreiten oder verringern dürfe, so dass, wenn dem Beklagten daran gelegen hätte, lieber in Ephesus zu leisten, als an dem Orte, wo er belangt wurde, Rücksicht auf denselben genommen würde. Julianus, [welcher] der Meinung des Labeo gefolgt [ist], hat auch Rücksicht auf den Kläger genommen, dem zuweilen daran hat liegen können, zu Ephesus zu erhalten. Sonach wird auch der Nutzen des Klägers [in den Bereich dieser Klage] kommen; denn wie, wenn er ein überseeisches Darlehn gegeben haben sollte, um es zu Ephesus wieder zu erhalten, wo er unter einer Strafe Geld schuldete, oder unter Pfändern; und durch deinen Verzug die Pfänder verkauft worden sind, oder die Strafe verfallen ist; oder es wurde dem Staatsschatz etwas geschuldet und es ist eine Sache des Stipulators [deshalb] sehr wohlfeil verkauft worden? In [den Bereich] dieser in das Ermessen des Richters gestellten Klage wird (also] das Interesse kommen, und zwar über das gesetzliche Maass der Zinsen hinaus. Wie, wenn er Waaren zu kaufen pflegte, ob wohl auch Rücksicht auf den Gewinn genommen wird, oder auf den Schaden allein? Ich glaube, dass auch auf den Gewinn Rücksicht zu nehmen ist.
3Gaius libro nono ad edictum provinciale. Ideo in arbitrium iudicis refertur haec actio, quia scimus, quam varia sint pretia rerum per singulas civitates regionisque, maxime vini olei frumenti: pecuniarum quoque licet videatur una et eadem potestas ubique esse, tamem aliis locis facilius et levibus usuris inveniuntur, aliis difficilius et gravibus usuris.
3Gaj. lib. IX. ad Ed. provinc. Darum wird diese Klage auf das Ermessen des Richters bezogen, weil wir wissen, wie verschiedenartig die Preise der Sachen nach den einzelnen Städten und Gegenden sind, am Meisten des Weines, des Oeles, des Getreides; obgleich der Werth (potestas) der Gelder überall ein und derselbe zu sein scheint, so werden gleichwohl auch sie an einigen Orten leichter und mit geringen Zinsen gefunden, an andern Orten schwerer und mit bedeutenden Zinsen.
4Ulpianus libro vicesimo septimo ad edictum. Quod si Ephesi petetur, ipsa sola summa petetur nec amplius quid, nisi si quid esset stipulatus, vel si temporis utilitas intervenit. 1Interdum iudex, qui ex hac actione cognoscit, cum sit arbitraria, absolvere reum debet cautione ab eo exacta de pecunia ibi solvenda ubi promissa est. quid enim si ibi vel oblata pecunia actori dicatur vel deposita vel ex facili solvenda? nonne debebit interdum absolvere? in summa aequitatem quoque ante oculos habere debet iudex, qui huic actioni addictus est.
4Ulp. lib. XXVII. ad Ed. Wenn zu Ephesus gefordert werden wird, so wird die Summe selbst allein gefordert werden, und mehr Nichts, ausser wenn [der Kläger] Etwas stipulirt hätte, oder das Interesse (utilitas) der Zeit eintritt. 1Ad Dig. 13,4,4,1Windscheid: Lehrbuch des Pandektenrechts, 7. Aufl. 1891, Bd. I, § 46, Note 4.Zuweilen darf der Richter, welcher zu Folge dieser Klage erkennt, da sie in sein Ermessen gestellt ist, den Beklagten frei sprechen, nachdem von demselben Sicherheit wegen der da, wo es versprochen worden ist, zu leistenden Zahlung des Geldes gefordert worden ist. Denn, wie, wenn [vom Beklagten] gesagt werden sollte, daselbst sei das Geld entweder dem Kläger angeboten, oder niedergelegt, oder leicht zu zahlen? Wird er [also] nicht zuweilen freisprechen dürfen? Kurz auch die Billigkeit muss der Richter vor Augen haben, welcher dieser Klage [vom Magistratus] zugesprochen worden ist.
5Paulus libro vicensimo octavo ad edictum. Si heres a testatore iussus sit certo loco quid dare, arbitraria actio competit:
5Paulus lib. XXVIII. ad Ed. Wenn dem Erben vom Testator aufgetragen sein sollte, Etwas an einem bestimmten Orte zu geben, so steht die in das Ermessend es Richters gestellte Klage zu,
6Pomponius libro vicensimo secundo ad Sabinum. aut mutua pecunia sic data fuerit, ut certo loco reddatur.
6Pomp. lib. XXII. ad Sab. oder [wenn] ein Gelddarlehn so gegeben sein sollte, dass es an einem bestimmten Orte zurückgegeben werde.
7Paulus libro vicensimo octavo ad edictum. In bonae fidei iudiciis, etiamsi in contrahendo convenit, ut certo loco quid praestetur, ex empto vel vendito vel depositi actio competit, non arbitraria actio. 1Si tamen certo loco traditurum se quis stipulatus sit, hac actione utendum erit.
7Paul. lib. XXVIII. ad Ed. Bei Klagen guten Glaubens steht, wenn man auch beim Schliessen des Vertrags übereinkam, dass an einem bestimmten Orte Etwas geleistet werde, die Klage aus dem Kaufe oder Verkaufe, oder die Niederlegung[sklage], nicht die in das Ermessen des Richters gestellte Klage zu. 1Wenn jedoch Jemand stipulirt hat33Das Wort stipulari ist hier auf den Verpflichteten zu beziehen. S. Anm. 74 zum 12ten Buche., dass er an einem bestimmten Orte übergeben werde, so wird man sich dieser Klage bedienen müssen.
8Africanus libro tertio quaestionum. Centum Capuae dari stipulatus fideiussorem accepisti: ea pecunia ab eo similiter ut ab ipso promissore peti debebit, id est ut, si alibi quam Capuae petantur, arbitraria agi debeat lisque tanti aestimetur, quanti eius vel actoris interfuerit eam summam Capuae potius quam alibi solvi. nec oportebit, quod forte per reum steterit, quo minus tota centum Capuae solverentur, obligationem fideiussoris augeri: neque enim haec causa recte comparabitur obligationi usurarum: ibi enim duae stipulationes sunt, hic autem una pecuniae creditae est, circa cuius exsecutionem aestimationis ratio arbitrio iudicis committitur. eiusque differentiae manifestissimum argumentum esse puto, quod, si post moram factam pars pecuniae soluta sit et reliquum petatur, officium iudicis tale esse debeat, ut aestimet, quanti actoris intersit eam dumtaxat summam quae petetur Capuae solutam esse.
8African. lib. III. Quaest. [Nachdem] du stipulirt [hattest], dass Hundert zu Capua gegeben werden sollten, hast du einen Bürgen erhalten; das Geld wird von ihm auf ähnliche Weise, wie vom Versprecher selbst gefordert werden müssen, das heisst, so dass, wenn es anderswo, als zu Capua gefordert werden sollte, mit der in das Ermessen des Richters gestellten Klage geklagt werden muss, und der streitige Gegenstand so hoch geschätzt werde, als ihm, oder dem Kläger daran gelegen haben sollte, dass jene Summe lieber zu Capua, als anderswo gezahlt würde. Auch wird nicht [darum,] weil es etwa an dem Beklagten gelegen haben sollte, dass die ganzen Hundert nicht zu Capua gezahlt wurden, die Verbindlichkeit des Bürgen vermehrt werden müssen. Denn es wird dieses Verhältniss nicht richtig, mit einer Verbindlichkeit zu Zinsen verglichen werden; da nämlich finden zwei Stipulationen Statt, hier aber ist eine einzige wegen dargeliehenen Geldes, und in Bezug auf die Vollziehung derselben wird die Art der Schätzung dem Ermessen des Richters überlassen. Und ich glaube, dass der handgreiflichste Beweisgrund für diesen Unterschied [der] ist, dass, wenn nach begangenem Verzuge ein Theil des Geldes gezahlt sein und das Uebrige gefordert werden sollte, die Pflicht des Richters der Art sein muss, dass er schätze, wie gross das Interesse des Klägers sei, dass nur die Summe, welche gefordert werden wird, zu Capua gezahlt worden sei.
9Ulpianus libro quadragensimo septimo ad Sabinum. Is qui certo loco dare promittit, nullo alio loco, quam in quo promisit, solvere invito stipulatore potest.
10Paulus libro quarto quaestionum. Si post moram factam, quo minus Capuae solveretur, cum arbitraria vellet agere, fideiussor acceptus sit eius actionis nomine, videamus, ne ea pecunia, quae ex sententia iudicis accedere potest, non debeatur nec sit in obligatione, adeo ut nunc quoque sorte soluta vel si Capuae petatur, arbitrium iudicis cesset: nisi si quis dicat, si iudex centum et viginti condemnare debuerit, centum solutis ex universitate, tam ex sorte quam ex poena solutum videri, ut supersit petitio eius quod excedit sortem, et accedat poena pro eadem quantitate. quod non puto admittendum, tanto magis, quod creditor accipiendo pecuniam etiam remississe poenam videtur.
10Ad Dig. 13,4,10ROHGE, Bd. 24 (1879), Nr. 16, S. 56: Anspruch auf Konventionalstrafe wegen Verspätung der Hauptleistung ungeachtet vorbehaltloser Annahme der Letzteren.Paul. lib. IV. Quaest. Wenn nach begangenem Verzuge, so dass nicht zu Capua bezahlt wurde, da [der Gläubiger nun] mit der in das Ermessen des Richters gestellten Klage klagen wollte, ein Bürge wegen dieser Klage angenommen sein sollte, so möchte wohl44Videamus, ne — non. Diese Worte enthalten eine verneinende Entscheidung des fraglichen Falles. S. A. 14 zum 12ten Buche und Haubold a. dem dort a. O. p. 263. — Die Erklärung der vorliegenden Stelle s. bei v. Glück a. a. O. S. 347. ff. Paulus spricht hier den Satz aus, dass der nach eingetretenem Verzuge dem Gläubiger deshalb, damit er die in das Ermessen des Richters gestellte actio de eo, quod certo loco etc. nicht anstelle, bestellte Bürge für das Interesse nicht hafte, welches der Schuldner, wenn er selbst belangt worden wäre, dem Gläubiger hätte leisten müssen. das Geld, welches in Folge des Urtheils des Richters [wegen des Interesses] hinzukommen kann, [von dem Bürgen] nicht geschuldet werden, auch nicht in der Verbindlichkeit [desselben] enthalten sein, so selbst, dass wenn auch jetzt das Capital gezahlt worden ist, oder wenn es zu Capua gefordert werden sollte, das Ermessen des Richters wegfällt; wenn nicht Jemand sagen sollte, dass, wenn der Richter in Hundert und zwanzig habe verurtheilen müssen, nachdem Hundert von dem Ganzen bezahlt worden, [dies] sowohl auf das Capital, als auf die Strafe55D. h. des wegen des Verzugs dem Gläubiger zukommende Interesse. gezahlt zu sein scheine, so dass die Forderung dessen übrig sei, was über das Capital hinausgehe, und die Strafe für eben die Quantität hinzukomme. Und dies glaube ich ist nicht zuzulassen, um so mehr, weil der Gläubiger dadurch, dass er das Geld annahm, die Strafe auch erlassen zu haben scheint.