De condictione sine causa
(Von der Condiction ohne Grund1.)
1I. e. ejus, quod sine causa apud aliquem est. Der Name cond. sine causa begreift theils im Allgemeinen alle die Fälle, in denen die Condiction wegen eines Habens ohne Grund Statt findet (also die sogenannte cond. ex mutuo, die causa data, causa non secuta u. s. w.), theils bezeichnet er insbesondere die Condiction, welche in den Fällen eines Habens ohne Grund zusteht, für welche keine eigene benannte Art der Condiction gegeben ist. Die einzelnen Fälle siehe bei v. Glück a. a. O. S. 187 ff. und Mühlenbruch Doctr. Pand. §. 657.
1Ulp. lib. XLIII. ad Sabin. Auch dies ist ein Fall der Condiction, wenn Jemand ohne Grund [Etwas] versprochen, oder wenn Jemand eine Nichtschuld gezahlt haben sollte. Wer aber ohne Grund versprochen hat, kann nicht eine Quantität, da er keine gegeben hat, condiciren, sondern die Verbindlichkeit selbst. 1Aber auch wenn er wegen einer Gegenleistung versprochen hat, die Gegenleistung aber nicht erfolgt ist, so muss man sagen, dass die Condiction Statt habe. 2Mag vom Anfang an ohne Grund versprochen sein, oder mag ein Grund zum Versprechen vorhanden gewesen sein, der aber aufgehört hat, oder (als Gegenleistung) nicht erfolgt ist, so muss man sagen, dass die Condiction Statt finden werde. 3Ad Dig. 12,7,1,3ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 66, S. 299: Cond. possessionis gegen den aus Irrthum Besitzenden. Besitz ein Vermögensobject.Es ist bekannt, dass man nur das von Jemand condiciren kann, was entweder nicht aus einem rechtmässigen Grund an ihn gekommen ist, oder auf einen nicht rechtmässigen Grund zurückkommt.
2Ad Dig. 12,7,2ROHGE, Bd. 22 (1878), Nr. 77, S. 333: Condictio der dem Käufer vom Frachtführer gezahlten Entschädigung wegen Versäumung der Lieferfrist im Falle der Aufhebung des Kaufvertrags.Idem lib. XXXII. ad Ed. Wenn ein Tuchbereiter Kleider, um sie zu waschen, gemiethet, hernach, da sie verloren worden, dem Eigenthümer den Werth, aus dem Vermieth[-Contract] belangt, geleistet, und nachher der Eigenthümer die Kleider gefunden haben sollte, auf welche Klage muss wohl [jener] den Werth erlangen, welchen er gegeben hat? Und Cassius sagt, dass er nicht blos aus dem Mieth[-Contract] klagen, sondern auch gegen den Eigenthümer condiciren könne; ich glaube, dass er die Klage aus dem Mieth[-Contract] jeden Falls hat. Ob er aber auch condiciren könne, ist eine Streitfrage, weil er nicht eine Nichtschuld gegeben hat. Wenn wir nicht etwa glauben, dass so condicirt werden könne, gleich als ob ohne Grund gegeben sei; denn nachdem die Kleider gefunden worden sind, scheint gleichsam ohne Grund gegeben worden zu sein.
3Julian. lib. VIII. Digest. Diejenigen, welche ohne Grund verbindlich gemacht werden, können mit der Condiction des Unbestimmten erlangen, dass sie befreit werden; auch macht es keinen Unterschied, ob Jemand die ganze Verbindlichkeit ohne Grund übernimmt, oder eine grössere, als er übernehmen musste; ausser, dass bald mit der Condiction das beabsichtigt wird, dass man von der ganzen Verbindlichkeit befreit werde, bald, dass man erleichtert werde, wie der, welcher Zehn versprochen hat [, da er nur Fünf schuldete]; denn wenn er gar keinen Grund zum Versprechen gehabt hat, so erlangt er mit der Condiction des Unbestimmten, dass die ganze Stipulation durch Acceptilation erlassen wird; aber wenn er, da er Fünf versprechen musste, Zehn versprochen hat, so wird er [mit der Condiction] des Unbestimmten erlangen, dass er auf Fünf befreit werde.
4African. lib. VIII. Quaest. Es macht keinen Unterschied, ob von Anfang an Etwas ohne Grund gegeben ist, oder ob die Gegenleistung, wegen welcher gegeben worden ist, nicht erfolgt ist.
5Papinian. lib. XI. Quaest. Die, welche ihren Oheim mütterlicher Seite heirathen wollte, hat Geld zur Mitgift gegeben, aber nicht geheirathet; man hat gefragt, ob sie dasselbe zurückfordern könne? Ich habe gesagt, dass, da das Geld wegen eines für den Geber und den Empfänger schändlichen Grundes gezahlt werde, die Condiction wegfalle, und bei einem gleichen Vergehen der Besitzer der vorzüglichere22Potiorem esse possessorem (ebenso oben L. 8. de cond. ob turp.) d. h. wenn das Geben sowohl dem Geber, als dem Empfänger zur Schande gereicht (wie hier, wo sie eine Ehe in verbotenen Graden mit einander eingehen wollten), so ist die Lage des Besitzers des Gegebenen insofern die bessere, als er behält, was er hat, und dies also, wenn er Empfänger war, nicht zurückgefordert werden kann. sei; und dass vielleicht Jemand, dieser Ansicht folgend, zum Bescheid gebe, dass die Frauensperson die Condiction nicht haben werde. Aber mit Recht vertheidige man [die Ansicht,] dass in dem vorliegenden [Fall] nicht sowohl ein schändlicher Grund, als gar keiner vorhanden gewesen sei, da das Geld, welches gegeben wurde, nicht in die Mitgift verwendet werden konnte; [nicht ein schändlicher Grund,] denn es sei nicht um eines unehelichen Beischlafs, sondern um der Ehe willen gegeben worden. 1Eine Stiefmutter hat [ihrem] Stiefsohn, eine Schwiegertochter [ihrem] Schwiegervater Geld als Mitgift gegeben, aber ihn nicht geheirathet; die Condiction scheint auf den ersten Anblick wegzufallen, weil [schon] nach dem Völkerrecht eine Blutschande begangen wird; aber es ist doch vielmehr in diesem Falle gar kein Grund zum Geben einer Mitgift vorhanden gewesen. Die Condiction steht daher zu.